Die Kunstabteilung der Fraureuther Porzellanfabrik

Künstler der "Eigenen Werkstatt" E.W. und freiberufliche Künstler

 

Wie man es allerorts lesen kann, entstanden in der Porzellanfabrik 

in Wallendorf,

meinem Heimatort, in der Fabrik vis á vis meiner Schule, in der mein Vater zeitlebens als Porzellanmaler gearbeitet hat, wo ich ihn nach der Schule besucht, den Malern bei der Arbeit zugeschaut und die Regale und Planken voller wunderschöner Porzellane bestaunt und auch selbst als Jugendliche in Ferienarbeit Porzellan verpackt habe ...

 

ja dort in dieser Fabrik entstanden in den Jahren 1919 bis 1926, als die Kunstabteilung der Fraureuther Fabrik hier in Wallendorf eingerichtet wurde, auf der Grundlage der Erfahrung und Kunstfertigkeit der Porzelliner des Ortes Lichte/Wallendorf wunderbare kunstvolle Plastiken und formschöne Gefäße aus Porzellan, die noch heute außerordentlich beliebt sind und ihresgleichen suchen.

 

Das Wallendorfer Herrenhaus

               Porzellan - Geschichte(n)

mehr lesen

Dose von Fraureuth in Unterglasurmalerei

 

Der Deckel ist außerdem in reliefartiger Struktur gestaltet

 

Was die Künstler und deren Aufenthalt in Wallendorf betrifft, können wir einiges erfahren, wenn wir in dem Standardwerk über die Porzellanfabrik Fraureuth von Dr. Susanne Fraas "Wachgeküsst - Verborgene Schätze der Fraureuther Porzellanfabrik" auch das Kleingedruckte aufmerksam lesen...

 

Namen von Künstlern, die die außerordentlichen Modelle entwarfen, sind in aller Munde:  Anton Grath, Carl Nacke, Max Hermann Fritz, Hans Harders, Prof. Augmüller ...

 

Die Mehrzahl der Künstler werden dem Ruf der Porzellanfabrik Fraureuth folgend sicher nur ihre Modelle zur Auswahl eingereicht haben, die sie an ihren jeweiligen Wirkungsstätten gefertigt haben.

 

Aber so unwahrscheinlich es auch sein mag, es gab tatsächlich eine kleine Gruppe von Künstlern, die sich mit der Verlegung der Kunstabteilung auf den Weg nach Wallendorf gemacht und dort gelebt und gearbeitet haben. Es war die Gruppe, die unter dem Monogramm "E.W. - Eigene Werkstatt" signierte. Es gibt keine Auflistung der Personen, die diese Gruppe bildeten, aber wir werden es doch herausfinden.

 

Auf einigen wenigen Fotos aus dem Nachlass von Ernst Müller, die diese Gruppe bei Ausflügen ins Grüne zeigen, lässt sich eine Familie: strenger Geschäftsmann mit Brille, herrschaftliche Dame, erwachsener Sohn, jüngere Tochter ausmachen - die Familie Berwinsky, eine Paar - Hermann Nonnenmacher und Erna Rosenberg-Nonnenmacher, 3-4 einzelne Herren, Ernst Müller, K. Gelhardt, Caurt und Heinz Schaubach. Dies wären fürs Erste die in Frage kommenden Personen.

 

 

Auch Eugen Dotterweich und Carl Lorenz als Ansässige werden wir noch ins Auge fassen.

 

Was Heinz Schaubach betrifft, so schauen Sie bitte auf meine gleichnamige Seite. Er wurde als Betriebsleiter der Kunstabteilung eingesetzt, aber auch verschiedene Modelle gehen auf ihn zurück.

 

Alles, was ich über Ernst Müller bisher erfahren konnte, ist jetzt auf einer separaten page unter der Rubrik Porzellinergalerie zusammengefasst, klicken Sie sie doch einmal an.

  

Wie es bei Fraas heißt, soll die Familie von Ernst Müller in einem Haus in

Wallendorf/Lichte gemeinsam mit der Familie Berwinsky - der Familie auf dem Foto -  Paul Berwinsky mit Frau Marie und den Kindern Paul, Martha und Gretel - gewohnt haben. Paul Berwinsky hat vor seiner Anstellung in Fraureuth lange Zeit in Wien gearbeitet. In der Personenliste der Fabrik Fraureuth ist nur ein Heinrich Berwinsky aufgeführt, sein Vater?

Paul Berwinsky bleibt Wallendorf und dem Porzellan bis zu seinem Tode am 03.12.1935 treu und wenn ich nicht irre, ist er auf dem Foto, das die Belegschaft  der Firma Schaubachkunst von 1932/33 (siehe Porzelliner-Page) in der ersten Reihe noch zu sehen.

 

 

Der Sohn Paul, Paul Berwinsky Junior, 1920 etwa 14 Jahre alt, wird von seinem Vater im Modellieren ausgebildet. Er ist nach seinem Kriegsdienst 1940-42 (vielleicht auch schon vorher) von 1942 bis 1954 bei Heinz Schaubach in verantwortungsvoller Position, auch als Porzellanmaler, Retuscheur und Lehrlingsausbilder tätig, bevor in die DDR verlässt.

 

Für Erna Rosenberg-Nonnenmacher und ihren Mann Hermann Nonnenmacher habe ich bereits eine separate Seite vorbereitet, einfach anklicken.

 

Dank Gottfried Dürr konnte ich für Sie in Erfahrung bringen, wo die Künstler in Wallendorf gewohnt haben

- im altehrwürdigen Herrenhaus,

das Sie auf der Wallendorf-Page auf den Fotos mit den Ansichten der Porzellanfabrik sehen können. Es wurde leider gnadenlos und ersatzlos abgerissen.

 

Alle anderen namhaften Künstler, Modelleure, Bildhauer waren nur freiberuflich für Fraureuth tätig. Ihre Namen sind uns daher geläufiger, da sie ihre Künstlersignaturen und Monogramme in die zur Abformung eingereichten Modelle einritzten, um so dem Raub geistigen Eigentums vorzubeugen. Bezahlt wurden diese erst, wenn ihr Modell in die Produktpalette aufgenommen wurde, was bei der Vielzahl der eingereichten Modelle eine Weile dauern konnte.

 

Liebe Leser, erstaunliches Bildmaterial wurde mir gerade übergeben. Jetzt können wir auch noch das Malerpersonal der Kunstabteilung kennenlernen.

 

 

Darüber hinaus sind noch die Maler Schindhelm und Oscar Dietrich bekannt geworden. Auch ein Maler Grosswald (siehe meine Seite Zehendner & Grosswald) hat für die Kunstabteilung gearbeitet und mit im Herrenhaus gewohnt. Nicht vergessen wollen wir unseren Karl Büttner, den ich auf einer gesonderten Seite in der Porzellinergalerie geehrt habe und von dem auch neue signierte Porzellane aufgetaucht sind. 

 

Inzwischen habe ich mich aus anderem Anlass noch einmal mit dem Modellbuch von Fraureuth beschäftigt und folgendes festgestellt.

 

Mit der Modellnummer 1137 gibt es den ersten auswärtigen Künstler, der für Fraureuth tätig war und dies ist Erna Rosenberg mit ihrer Herzvase, die in vielen Dekoren existiert und im Internethandel häufig anzutreffen ist. Daher sehe ich den Beginn der Kunstabteilung Fraureuth mit der Modellnummer 1137 von Erna Rosenberg eingeläutet.

 

Nachfolgend können Sie sie mit einem Blumendekor dekoriert bewundern. Da ich sie gerade erst erworben habe, möchte ich noch anmerken, dass ich eine ganz andere Vorstellung von dieser Vase hatte. Sie sieht so leicht und zerbrechlich aus, ist aber in natura schwer, massiv und stabil und liegt ungeachtet dessen einfühlsam in den Händen - ein beeindruckendes Stück Kunstporzellan...

 

Sie wurde gemäß dem Vermerk auf dem Boden im Jahre 1917 bemalt und ist mit dem Stempel der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege gefallenen gemarkt. Sie könnte noch in Fraureuth, aber auch bereits in der Malerei in Lichte dekoriert worden sein.

 

 

Danach folgen Schlag auf Schlag Modelle auswärtiger Künstler: Elsa Krebs, Carl Lorenz, Else Nowack, Hans Harders, Max Hermann Fritz, Carl Nacke, Hans Kieweg.

 

Nach einigen Vasen und Dosen der o.g. Künstler war es wiederum Erna Rosenberg, die die erste menschliche Figur für Fraureuth entworfen hat, es ist ihre berühmte Biedermeierdame mit der Modellnummer 1181. 

 

So, das war es erst einmal, was ich Ihnen über die für die Kunstabteilung Fraureuth tätigen Künstler berichten wollte und konnte. Aber schauen Sie auch auf meine  Porzellinerpage.

 

Ihre Porzellanreporterin Sylvia D. geb. Koge.

 

Mode aus sechs Jahrhunderten

               Porzellan - Geschichte(n)

 

Da bin ich wieder für Sie, Ihre Porzellan-Reporterin

 de  K o g e n 's  Sylvia,

mit meinen Geschichten rund um's Porzellan.


Die Figurenserie der Fraureuther Kunstabteilung in Wallendorf: "Mode aus sechs Jahrhunderten"

 

Die Mode der Jahre 1400 bis 1922 wird in 14 Figuren bzw. Figurengruppen der Kunstabteilung Fraureuth dargestellt, die in der Zeit zwischen 1920 und 1926 in Wallendorf entstanden, wohin die Fraureuth AG ihre Kunstabteilung verlegt hatte.

 

Das Jahr, aus der die Mode stammt, ist jeweils auf dem Sockel der Figuren vermerkt.

 

Diesen Artikel haben Sie, liebe Leser, der Anfrage eines Sammlers aus Berlin nach Informationen über die nachfolgende Figur zu verdanken.

In der vorhandenen Literatur "Wachgeküsst" von Susanne Fraas ist zu dieser Figur folgendes geschrieben.
"In der Mode des Paares wird der wachsende Einfluss Spaniens um 1600 sichtbar. Die Dame trägt das hochgeschlossene, strenge, steife Kleid mit reichen Puffärmeln, der Kavalier eine enggeschnittene Kniehose, einen mit Pelz verbrämten Überrock und Halskrause. Dies war die französisch beeinflusste Hoftracht."

 

 

Die Idee, eine solche Figurenserie herzustellen, muss schon am Standort Fraureuth entstanden sein, denn diese Figurenserie wurde bereits in Werbeanzeigen der Kunstabteilung Fraureuth um 1920 angekündigt, wie man aus der nebenstehenden Werbeschrift ersehen kann.

 

Es scheint sich um ein längerfristiges Projekt gehandelt zu haben, das nach und nach durch die Künstler der  Eigenen Werkstatt  E.W. (mehr dazu auf meiner gleichnamigen Seite) in die Tat umgesetzt wurde. Den größten Anteil der künstlerischen Arbeit daran soll, wie man vermutet, weil sich auf dem Boden einer der Figuren ein "B" gefunden hat, Paul Berwinsky sen. geleistet haben, wobei ihm auch sein Sohn Paul Berwinsky jun. zur Seite gestanden haben könnte.

 

Wie ich annehme, wird in er einschlägigen Literatur Berwinsky jun. mit seinem Vater verwechselt, ich stelle daher nachfolgende Fotos ein (links der Vater in mittleren Jahren, rechts der Sohn in mittleren Jahren), die Aufnahmen oben außen wohl aus dem Jahre 1919 und unten wohl aus dem Jahre 1926.

 

 

Und nun möchte ich Ihnen diese Figuren nach und nach vorstellen, sobald ich von Sammlern Fotos erhalte. Ich würde mich freuen, wenn Sie mich dabei unterstützen.

 

Die Fotos mit rotem Hintergrund hat mir der Fraureuther Porzellanverein zur Verfügung gestellt, bei dem ich mich herzlich bedanken möchte. Diese Figuren sollten Sie sich natürlich in natura in Fraureuth in der Ausstellung direkt anschauen, der Verein hat inzwischen auch einen schönen Internetauftritt. Über meinen Besuch dort gibt es auch etwas zu lesen, bitte anklicken.

 

 

Die Figur für das Jahr 1400

Bei der Figur für das Jahr 1400 handelt es sich um ein Fürstenpaar in ihrer für die Zeit typischen Tracht mit den Adelszeichen; den Hermelinschwänzen an der Kleidung und den Jagdfalken auf den Händen. Das Paar steht auf einem mehreckigen Sockel vor dem Hintergrund eines Bogens. Rechts und links des Bogens sitzen Tierchen auf kleinen Absätzen, die ein Wappenschild in den Pfoten halten.

Nachfolgend eine äußerst seltene farbige Ausführung des Figurenpaares des Jahres 1400

 

Eine neue Figur wurde nun entdeckt. Es handelt sich um die Figurengruppe mit der Jahreszahl 1850; wir befinden uns im Zeitalter des Biedermeier. Die Figurengruppe zeigt die Damen-, Herren- und Kindermode zu dieser Zeit.

 

Man vermutet, wie ich oben bereits erwähnt habe, dass die Schöpfer dieser Gruppe die Modelleure Berwinsky waren, Paul Berwinsky senior oder junior.

 

Von dieser Figurengruppe gibt es mehrere Dekorvarianten; die unten in der Dreiergruppe von Figuren in der Mitte abgebildete farbige Variante ist für das Jahr 1922 belegt, die rechte Gruppe ist sparsamer und vor allem in Goldmalerei dekoriert. Die vorliegende Figur ist nicht farblich staffiert.

 

 

Dass ich Ihnen auf meiner Webseite diese Figurenserie der Fraureuther Kunstabteilung in Wallendorf noch nicht vorgestellt habe, liegt vielleicht daran, dass ich in dieser Figurenserie nicht das Besondere, die neuen künstlerischen Formen und den Farbenreichtum, den neuen Schwung, die neue künstlerische Freiheit der Werke der Kunstabteilung Fraureuth in Wallendorf widergespiegelt sehe. Aber hohe Kunst der Porzellanausformung, der detailgetreuen Wiedergabe der Mode ist es ohne jede Frage.

 

Um 1930 gab es jedoch einen von dieser Figurenserie Begeisterten , Dr. Egbert Delpy, der in der Zeitschrift "Kunst und Gewerbe" einen Artikel veröffentlichte, als diese Figurenserie auf der Schau Deutscher Erden in Dresden vorgestellt wurde. Hier für alle Begeisterten unter den Lesern der Webseite Auszüge aus seiner Einschätzung:

 

 "Diese Fraureuther Kostümgeschichte beweist ...dass selbst die reine weiße schimmernde Porzellanfläche allein imstande ist, den Charakter und Charme eines Kostümes in allen seinen Wandlungen aufs zarteste und sicherste wiederzugeben...Der wahrhaft bezaubernde malerische Gesamteindruck aller Gruppen beruht zum großen Teil auf der ... Ruhe dieses natürlich schimmernden Porzellantons. Zum anderen ... auf dem geschickten Aufbau der Einzelgruppen, die den fesselndsten Reichtum wechselnder Bewegungsmotive entfaltet. ...

Er zeigt elegante Menschen in einer für die Zeit und das Kostüm möglichst charakteristischen Beschäftigung. ... Knappe Andeutungen des Zeitmillieus treten in architektonischen Stützen höchst malerisch hinzu... So kommt es, dass diese Gruppen nicht als kostümierte Puppen wirken ... sondern mitten aus ihrer Zeit herausgenommen erscheinen..."

 

Mit dieser schwärmerischen Einschätzung verbleibe ich

Ihre Figurine de Dietrich

 

Hier die Figur mit der Jahreszahl 1450

 

Diese wird in das Jahr 1922 datiert,  da eine Werbeanzeige in der Zeitschrift "Die Woche" vom  09.12.1922 gefunden wurde. Sie wird Paul Berwinsky sen. zugeschrieben. Frau Fraas schreibt dazu , dass uns diese Figur die  Auswüchse der Glöckchen- und Zoddeltracht verdeutlicht, die in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts gern getragen wurde.

Fraureuth-Porzellan.de - Webseite des Stefan Tichter - Nachruf

               Porzellan - Geschichte(n)

mehr lesen