Die Lava-Fabrik des Johann Heinrich Leder    in Lichte,  Nachfolger Wilhelm Liebmann

 

Liebe Leser,

 

Um die Begründung der Porzellanindustrie in unserem Ort Lichte angemessen würdigen zu können, sollten zunächst die Schwierigkeiten ins Auge gefasst werden, die es um 1820 zu überwinden galt. Wie Sie, liebe Interessenten, vielleicht bereits wissen, befand sich unser Ort Lichte mit einem Teile seiner Fluren im Herzogtum Schwarzburg-Rudolstadt und mit einem anderen Teile im Herzogtum Sachsen-Coburg; der Lichte Bach (Gewässer) bildete die Grenze. Da im Herzogtum Schwarzburg-Rudolstadt Herrn Georg Heinrich Macheleid mit der Fabrik in Volkstedt das angeblich ausschließliche Privileg zu Porzellanherstellung erteilt worden war,  wurde in keinem weiteren Orte dieses Herzogtum die Erlaubnis zum Betrieb einer Porzellanfabrik erteilt. So kam es auch, dass Herr Johann Wolfgang Hammann mit den Greiners seine Fabrik in dem Teil von Lichte eingerichtet hatte, der in den sachsen-coburgischen Fluren von Lichte lag, nämlich in den Wallendorfer Fluren.

 

Inzwischen hatten sich in den sachsen-coburgischen Orten viele Porzellan-Malereien gegründet,  die aber auch weißes Porzellan zum Bemalen benötigten und dieses teuer "im Auslande" (in den benachbarten Herzogtümern, namentlich in Wallendorf,  Limbach,  Hüttensteinach, Breitenbach, Dornheim, Ilmenau, Blankenhain, Tettau, Grün und Schney) einkaufen mussten. Auch konnte das in den wenigen Porzellanfabriken hergestellte Weißporzellan den großen Bedarf nicht decken. Es hätte daher so mancher Inhaber einer Porzellanmalerei diese auch um eine Fabrik zur Herstellung der benötigten Weißware erweitert, wenn nicht das Volkstedter Privileg gewesen wäre. Zudem hätte die große Not in den armen thüringischen Landen durch Schaffung neuer Arbeitsplätze gelindert werden können. So verwundert es nicht, dass sich die schwarzburg-rudolstädtische Regierung mit ständigen Eingaben, Anträgen und Gesuchen dieser Art beschäftigen musste und auf alle mögliche Art und Weise versucht wurde,  das Privileg der Volkstedter aufzuheben, um den Bedürfnissen der Region gerecht zu werden.

 

Zu den Antragstellern gehört auch Johann Heinrich Leder, der wohl bereits im Juli 1806/1808 in Lichte eine Fabrik besaß,  die Pfeifenköpfe (sogenannte Lava-Köpfe) und Geschirr aus Ton  (Lava genannt) herstellte. Er muss jedoch auch Porzellan hergestellt haben, ohne dass ihm dies gestattet worden war.  Wie wir oben erfahren haben, wurde Wilhelm Liebmann letztendlich sein Nachfolger, der sich weiter um eine Konzession zum Betrieb einer Porzellanfabrik bemühte; nebenbei natürlich weiter die bestehende Ledersche Lava-Fabrik in Lichte betrieb. 

 

Auch Gabriel Heubach und Consorten in Neuhaus, wozu auch Paul Valentin Keßler, Georg Kämpfe und Peter Greiner gehörten, hatten sich als Porzellanmaler und Kaufleute, die Porzellanhandel betrieben, um die Errichtung einer Porzellanfabrik, und zwar in Neuhaus beworben. Insbesondere Letztere hatten in ihren Gesuchen auch ins Felde geführt, dass die Lichtner, die sie einzustellen versprachen, den Bedrückungen entgehen wollten, denen sie in der Porzellanfabrik in Wallendorf ausgesetzt waren. Der Verdienst war dort wohl sehr gering, so dass man nur auf das Kümmerlichste leben konnte. Zudem war die dortigen Porzelliner gezwungen,  Lebensmittel wie Bier, Getreide, Fett, Material- und Schnittwaren bei der Fabrik um den fast doppelten Preis einzukaufen...Seltsamerweise war es dann eben dieser Gabriel Heubach, der, da die Geschäfte in Neuhaus nicht gut liefen,  sich 1833 mit einen Drittel in die Wallendorfer Fabrik einkaufte...

 

Endlich im Jahre 1830 einigte sich die schwarzburg-rudolstädtische Regierung mit der Fabrik in Volkstedt; das Monopol wurde durchbrochen und die Erlaubnis für weitere Porzellanfabriken im Lande konnte erteilt werden. Auch Wilhelm Liebmann in Lichte und Gabriel Heubach und Consorten in Neuhaus erhielten ihre Konzession, was allerdings auch dazu führte, dass Gabriel Heubach von da an dem Lichtner Wilhelm Liebmann das Leben schwer machte. Auch die Glashütten zu Schmalenbuche bei Neuhaus und das Hammerwerk Geiersthal bei Lichte (im Eigentum der Hammanns) schlossen sich an und wollten diesen um das für den Betrieb der Porzellanfabrik benötigte Holz bringen. Nur so ist es, denke ich, zu verstehen, dass Wilhelm Liebmann, der als Nachfolger von Johann Heinrich Leder jahrelang auf die Konzession gewartet hatte,  sich 1845 entschloss, seine Porzellanfabrik in Lichte zu verkaufen; wie wir wissen, an die Gebrüder Heubach aus Lauscha. Allerdings ist er nicht, wie es allerorts heißt, nach Sitzendorf gegangen, um dort Gastwirt zu werden, nein, er hat dort natürlich um die Konzession des Betriebes einer Porzellanfabrik ersucht, diese erhalten und auch mit Erfolg betrieben.

 

Wilhelm Liebmanns Ehefrau war übrigens die Tochter von Ferdinand Hutschenreuther aus Lichte, der sich für die Fabrik in Höhe des Erbteils seiner Tochter verbürgt hatte.

 

Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass Wilhelm Liebmann von 1833 bis  mindestens 1843, dass heißt 10 Jahre lang in Lichte Porzellan produziert hat. Im Jahre 1841 hat er nach eigener Angabe 40 Fabrikarbeiter beschäftigt. Da kann es nicht sein, dass dieses ohne Bodenmarke hergestellt und vertrieben worden sein soll und keine Stücke davon hinterblieben sind.

 

 

Diese kleine Vase wurde mit der alten Sonnenmarke von Heubach versehen und trägt die Modellnummer 445 und ein N dahinter.

 

Ganz unten in der Galerie finden Sie die Vase mit der identischen Form und der Bodenmarke der zwei verschlungenen L. Dies bedeutet aus meiner Sicht, dass es sich um eine Vase handelt, die bereits zu Zeiten der Lava Fabrik des Wilhelm Liebmann modelliert und hergestellt wurde und auch noch zu Zeiten der Firma Gebrüder Heubach im Sortiment stand.

 

Ein Farbenvergleich mit der nachfolgend gezeigten handgemalten Vase meines Großvaters Fritz Koge, der, im Jahre 1909 geboren, wohl im Alter von 17 Jahren, im Jahre 1926 seine Ausbildung abgeschlossen und diese Vase wohl als sein Gesellenstück bemalt hatte, lässt vermuten, dass diese kleine Vase Mitte der 1920er oder wegen der aufgebrachten Sonnenmarke ggf. auch etwas früher dekoriert wurde. Vielleicht wurde sie ja sogar auch von meinem Großvater bemalt.

 

Bitte beachten Sie auch, dass die Porzellane mit der Marke des verschlungenen L in ganz anderen Farben, nämlich in braun, orange und einem warmer Grünton dekoriert, auch innen farbig glasiert und nicht mit Modellnummern versehen wurden.

 

Ihre Entdeckerin

Das Gold am Innenrand der Vase oben ist ebenso franzelig gemalt wie bei der neu entdeckten Vase unten. Die alte Vase war auch innen noch farbig glasiert, um den Anschein von Töpferware zu erwecken; dies war bei der Vase unten nicht mehr erforderlich.

Duerer Ware Lichte

Liebe Leser,

 

heute möchte ich Ihnen Waren/Porzellane vorstellen, die ebenfalls in Lichte hergestellt wurden.

 

Diese werden allseits der Firma Gebrüder Heubach zugeordnet und in das Jahr 1910/20 datiert.

 

Hier möchte ich jedoch Zweifel anmelden, denn diese Marke konnte ich im Patentamt Berlin nicht finden, obwohl die Firma Gebrüder Heubach ansonsten all ihre Marken akribisch an- und abgemeldet hat.

  

Ich habe erst einmal die Vermutung begründet, dass diese Marke von der Vorgängerfirma des Johann Heinrich Leder in Lichte oder seiner Nachfolger Wilhelm und Heinrich Liebmann stammt und die beiden verschlungenen "L" für die Brüder Liebmann stehen, die Kerze für den Ort Lichte.

  

Die Unternehmer Leder und Liebmann hatten etwa um 1820/30 große Schwierigkeiten, eine Konzession zur Herstellung von Porzellan zu erhalten. Daher hatten sie wohl bereits vorher heimlich Waren unter anderem Namen (Augustean) hergestellt und vertrieben, was nichts Anderes als Porzellan war - dies ist geschichtlich belegt.

 

Genau so sehen die so gemarkten Stücke aus, als ob das Porzellan absichtlich durch vollständige Bemalung, auch innen, unkenntlich gemacht wurde, damit man sie für Töpferware hält.

 

Da ich jetzt ein solches Stück erworben habe, möchte ich es Ihnen zur Kenntnis geben.

 

Die Stücke sind als Duerer Ware, auch Nibelungenware bezeichnet und alle signiert, und zwar mit folgenden Namen: Gruner(t), Sonntag, auch Sontag, Bütt. (Büttner?). Diese Namen sind in Lichte zu allen Zeiten als Malernamen verbreitet gewesen und eine zeitliche Zuordnung anhand der Namen ist mir daher nicht gelungen. Modellnummern sind auf diese Stücken jedenfalls nicht aufgebracht worden. 

 

  

Die naheliegendste Vermutung ist, dass diese Porzellane vor der Veräußerung von der Firma Wihelm und Heinrich Liebmann und auch nach der Veräußerung von den Gebrüdern Heubach weiter hergestellt wurden und zwar bevor Letztere ihre eigene Marke, die Sonnenmarke, entwickelt, in Umlauf gebracht und beim Markenregister angemeldet hat; dies war am 04.04.1882.

 

Dies angenommen, wären diese Porzellane bereits um 1830/40 hergestellt worden. Eine Bestätigung dieser Annahme sehe ich auch darin, dass bekannt ist, dass Gebrüder Heubach in den ersten Jahren nur kleinformatige Porzellangegenstände hergestellt hat, damit möglichst viele davon im Brennofen Platz gefunden haben, da das nötige Holz zu dieser Zeit nur schwer zu beschaffen war. Die mit Duerer Ware gekennzeichneten Porzellane, meist Vasen, sind alle sehr kleinformatig (8-10 cm groß).

 

Die ältesten mit der Sonnenmarke gekennzeichneten Porzellane lassen das Porzellan in seiner weißen und auch glasierten Gestalt wieder zu Tage treten.

 

Die Kennzeichnung Made in Germany deutet darauf hin, dass die Ware für das Ausland bestimmt war. Vielleicht gab es ja einen oder mehrere Abnehmer im Ausland, die diese Ware noch über die Jahrhundertwende hinaus bestellt haben und sie daher auch noch nach 1900 weiter hergestellt wurde.

 

Aber jetzt schauen Sie sich Stücke dieser Duerer Ware erst einmal an, die garnicht so selten im Umlauf ist. 

 

Ihre Porzelline

 

 

Keramik-Vase mit Malerei des Tiermalers E. Dietrich, „Duerer Ware“, Heubach Lichte um 1910, Kleine bauchige Vase, Keramik unter Glasur polychrom gemalte Landschaftsszene mit weidenden Kühen in der Abendsonne, E. Dietrich signiert, am Boden Manufakturmarke und bezeichneter Banner „Duerer Ware“, H 9,5 cm, perfekt

Wie die vorstehend und nachstehend gezeigten Vasen belegen, wurde die LL-Marke noch einmal zum späteren Zeitpunkt verwendet. Die Formen der Vasen (3707 und 4531) sind Modelle mit Nummern, die erst 1903-1905 entwickelt wurden. Es scheint, als ob Gebrüder Heubach um diese Zeit auf der Suche nach einer neuen Bodenmarke war. Im Jahre 1907 wurde eine Bodenmarke angemeldet, die auf keinem einzigen bisher von mir gesichteten Porzellan verwendet wurde; dann um 1909 wurde die allseits bekannte Quadratmarke zum Markenregister angemeldet (siehe meine Unterseite zu Bodenmarken). In der Zwischenzeit hat man daher wohl einfach die alte Marke kurzzeitig noch einmal aufleben lassen bzw. für solche Waren verwendet, die unter dieser Marke bereits früher hergestellt wurden (Landschaftsmotive).  Später, nach Einführung der Quadratmarke, wurde aber auch für diese Porzellane mit Landschaftsmotiven die Quadratmarke verwendet, wie die letzte Galerie belegt. Es handelt sich dort übrigens um das gleiche Modell der Vase, wie vorstehend.