Künstler und ihre Modelle für Wallendorf im Bereich der Gefäße  - Wallendorfer Moderne

Wallendorfer kunstporzellan

Gefäße

 

Entdeckungen des Monats

 

Heinz Werner: Regen - Scharffeuerdekor Kobalt, 1965,

 

Liebe Leser,

natürlich gilt unser Dank, unsere Anerkennung und Bewunderung in erster Linie den in Wallendorf, Lichte, den anderen Betrieben des VEB Vereinigte Zierporzellanwerke Lichte und den Nachfolgeunternehmen fest angestellten und langjährig tätigen Formgestaltern, Dekorgestaltern, Entwerfern und Modelleuren, die die Form- und Dekorgestaltung über einen Zeitraum von 50 Jahren maßgeblich bestimmt haben. Über diese und die von ihnen entwickelten Formen und Dekore im Bereich der Gefäßgestaltung berichte ich auf dieser Seite ebenso wie auf den nächsten Seiten Wallendorfer Sortiment, den Seiten von Gottfried Stöhr und Gerhard Nußmann.

 

Im Laufe der Jahre, vor allem der 50er, 60er und 70er Jahre  wurde deren Tätigkeit ergänzt und bereichert durch die Einbeziehung auswärtiger Künstler und ihrer Modelle im Bereich der Gefäßkunst. In diesem Bereich wurde eng zusammengearbeitet, so dass Formen auswärtiger Künstler mit Dekoren der eigenen Dekorgestalter versehen wurden und umgekehrt, wie Sie nachfolgend sehen werden. 

 

Anlässlich des 200. Jahrestages hatte der Wallendorfer Betrieb einen Wettbewerb ausgeschrieben, die besten Stücke wurden mit Preisen ausgezeichnet und angekauft. Natürlich wurden diese auch auf der Ausstellung zum Jahrestag gezeigt, wovon einige der Fotos in den Galerien zeugen.

 

Das damals noch junge Meißner Gestalterkollektiv mit Ludwig Zepner, Peter Strang und Heinz Werner hat in den Jahren zwischen 1964 und 1966 für die Porzellanfabrik in Wallendorf  Modelle, Vasen, Dosen, Schalen, Reliefs und Figuren ("Liebespaar" von Peter Strang) sowie ein Kaffeeservice " Flitterwochenservice " (siehe meinen gleichnamigen Blog) entworfen (Einzelheiten nachfolgend). Heinz Werner war für die Dekoration zuständig, Ludwig Zepner entwarf die Formen und Peter Strang die figürlichen Modelle. Natürlich habe ich mich, wie Sie vielleicht auch, gewundert, warum die Künstler der renommierten Manufaktur Meißen ihre Werke in Wallendorf produzieren ließen. Ich habe die Antwort jetzt in zahlreicher Literatur gefunden: Im Hause Meißen gab es zu dieser Zeit sehr starke, eigentlich übermächtige konservative Kräfte, die nur das Traditionelle im Sinne des Gestrigen gelten ließen. Diese Bastionen mussten erst überwunden werden. Daher waren die ersten Entwürfe der vorgenannten Künstler Entwürfe für die Porzellanfabrik in Wallendorf, die, wie es in der Literatur heißt, in den Jahren 1957 bis 1967 so etwas wie ein Mekka für die Formgestalter und Plastiker, die mit Porzellan arbeiten wollten, darstellte. Für Ludwig Zepner, Peter Strang und Heinz Werner bedeutete die Einladung nach Wallendorf einen wichtigen Schritt für ihre künstlerische Entwicklung. Insofern ist der Wallendorfer Porzellanfabrik auf diesem Gebiet, auch für die weitere künstlerische Entwicklung in der Manufaktur Meißen, in der Tat eine Vorreiterrolle zuzuschreiben. Als die Meissner Manufaktur diese Zusammenarbeit nicht mehr akzeptierte, wurde die Dekoration der vorhandenen Formen durch den jungen ortsansässigen Dekorgestalter Gerhard Nußmann übernommen und weitergeführt. Der Zeitaufwand für die handgemalten Dekore war nicht unerheblich; es wurden daher nur Kleinstserien gefertigt. Welche Maler zur damaligen Zeit an den Ausführungen dieser Serien beteiligt waren, ist nicht überliefert. 

 

Das moderne zeitgenössische Porzellan aus Wallendorf stand im Mittelpunkt zweier exklusiver Ausstellungen in den Jahren 1966 und 1967 unter eben diesem Motto.

 

Die erste Ausstellung fand von August  bis November 1966 in der Staatlichen Galerie Moritzburg in Halle statt. Der dazugehörige Ausstellungskatalog ist zwar in aller Munde, aber sehr schwer zu finden. Nachfolgend habe ich ihn für Sie abgebildet.

 

Eine zweite Ausstellung fand vom Januar bis zum März 1967 im Kunstgewerbemuseum Köpenick im Schloß Köpenick statt. Es handelte sich dabei um eine Übernahme aus der Staatlichen Galerie Moritzburg in Halle.  In drei Ausstellungsräumen wurden reizvolle dünnwandige Mokkaservice und Gewürzmenagen, Schalen, Vasen und Dosen moderner Formgebung, Kleinplastiken nach Werken von Bildhauern, Reliefs und Medaillons ausgestellt.

Einen Katalog zu dieser Ausstellung hat es wohl nicht gegeben, was auch verständlich ist, da ja bereits der vorgenannte Katalog der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle vorlag.

 

Hier ein Bick in einen Messeraum, in dem viele der modernen Porzellane dieser beiden Ausstellungen (für den Kenner) zu erkennen sind.

Peter Strang: geboren 1936

 - Hahn, Reliefplatte mit farbiger Aufglasurmalerei, 1964, Handmalerei Bärbel Fischer

- Reliefplatte Mädchen, 1964, Handmalerei Bärbel Fischer

 - Hohe Dosen, weiß glasiert, 1964, zusammen mit Ludwig Zepner, Deckel mit Knauf, Deckel mit Hahn

 

Hahn-Reliefplatte im Original von Peter Strang und Heinz Werner entworfen, von der Originalversion aus dem Jahre 1965 wurden nur wenige Stücke hergestellt. Die zweite Abbildung zeigt ein Stück, das 1996/97 gefertigt wurde, eine abgespeckte Version im Aisbrush-Verfahren hergestellt (Hinweis und Original-Foto von Gerhard Nussmann).

 

Wallendorf hat auch noch ein weiteres Bildrelief angekauft - ein Mädchenporträt (siehe Galerie), es wurden ebenfalls nur wenige Stücke hergestellt. Der Originaldekorentwurf soll von Heinz Werner sein, später wurden die Reliefs von Bärbel Fischer handgemalt.

Heinz Werner: geboren 1928

 

Wallendorfer "Liebespaar" 1964 (modelliert von Peter Strang, staffiert von Heinz Werner)

 

Stehendes Mädchen "Susanne", weiß Glasur mit farbiger Aufglasurmalerei in Violett und Gold, 1966, Modelleur: Peter Strang, Dekor: Heinz Werner,

 

Kaffeeservice "Flitterwochenservice" (siehe meinen gleichnamigen blog), Zylinderform, abgespreizte Ringhenkel, steil geschwungene Tülle, weiße Glasur, bemalt mit Purpurblüten und in Blau eingestreute galante Szenen in Aufglasurfarben, Deckel versilbert, 1962/1964, Dekor Heinz Werner.

 

Hahn-Reliefplatte im Original von Peter Strang und Heinz  Werner entworfen, von der Originalversion aus dem Jahre 1964 wurden nur wenige Stücke hergestellt.
Wallendorf hat auch noch ein weiteres Bildrelief angekauft - ein Mädchenporträt (siehe Galerie), es wurden ebenfalls nur wenige Stücke hergestellt. Der Originaldekorentwurf soll von Heinz Werner sein, später wurden die Reliefs von Bärbel Fischer handgemalt.
Die abgebildeten Medaillons in bleu und weiß haben auf der Rückseite die Wallendorfer Marke, sie könnten von Heinz Werner sein, wurden aber in Wallendorf nicht offiziell produziert.
Das angekaufte und in größeren Auflagen hergestellte Medaillon von Heinz Werner ist das farbige (Hinweis und Fotos von Originalen von Gerhard Nussmann). Das Medaillon in purpur ist eine Version von Gerhard Nußmann aus dem Jahre 1974. 

Dekor:  heinz Werner - Dekor Nr. 752

Und nun hatte ich auch das Glück, die vor- und nachstehenden Medaillons für die Sammlung zu erwerben. Mehr dazu auf meiner Seite Medaille/Medaillon.

handgemalte Dekore von Heinz Werner - Dekor Nr. 744 links und Dekor Nr. 745 rechts

Form: Hubert Petras - Modell Nr. 2184/5 - 18 cm

Dekor:  heinz Werner - Dekor Nr. 773

 

schlanke Vase, 15 cm, Modell Nr. 2146, Dekor Nr. 746: Heinz Werner, 1964, handgemalt

Dekor:  heinz Werner - Dekor Nr. 757

Form: Ludwig Zepner - Modell Nr. 2181

 

Dekor Nr. 748 links und Dekor Nr. 749 rechts, beide von Heinz Werner, 1964, handgermalt 

Mitte und rechts: kleine Vase 6, 5 cm, Modell Nr. 2158

 

 

 

 

handgemaltes Dekor mit der Nr. 751

 

von Heinz Werner

 

auf Vase mit der Modell Nr. 2119?

Sensationsfund: Kaffeekanne, tASSEN UND sAHNEGIESSER DES Flitterwochenservices

Da man bei den beiden vorstehenden Tassen einen deutlichen Unterschied in den Blautönen erkennen kann, habe ich unseren Experten Gerhard Nußmann befragt, wie das Dekor realisiert wurde. Der Unterschied in den Blautönen kommt, wie ich bereits vermutet habe, daher, dass es sich bei den Tassen um eine handgemalte und eine Schiebebildversion des Dekors handelt. Bei der handgemalten Ausführung handelt es sich um den Originalentwurf von Heinz Werner!!!. Beim Original wurden die blauen Figuren als erstes aufgebracht und die Porzellane anschließend im Hochtemperaturbrand (Kobaltbrand) gebrannt. Erst danach wurde das Beiwerk in Purpur aufgemalt, was hernach noch einen Aufglasurbrand erforderlich machte. Da dieses Verfahren zu aufwendig war, hat man sich entschlossen, die blauen Figuren und die Purpurmalerei zusammen in einem Schiebebild zu drucken, so dass die Porzellane nur noch einmal gebrannt werden mussten. 
Ich bin übrigens super glücklich, nun ein von Heinz Werner gemaltes Original in meine Sammlung aufnehmen zu können.

Wallendorfer Flitterwochen - Service

               Porzellan - Geschichte(n)

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Das vorstehende Dekor auf der Form Sanssouci von Gottfried Stöhr, das man eher seltener auf den Porzellanen der Form Sanssouci antrifft (meist sind es purpurne, bunte oder blaue Röslein, siehe meine Seite Dekore), ist wie bereits von mir vermutet von dem Meißner Dekorgestalter Heinz Werner für Wallendorf entwickelt worden. Die filigranen Liebespärchen haben ja Ähnlichkeit mit dem Dekor des Flitterwochenservices. 

 

Mit diesem speziellen Dekor sollte der Großhandel Berlin-Souvenir beliefert werden. Möglicherweise fand man die Dekoration nicht berlintypisch genug, so dass sie wegen mangelnder Nachfrage eingestellt wurde. Allerdings muss man auch sagen, dass das Dekor nicht richtig in die Zwischenräume zwischen den reliefierten Rosen passt und die farbigen dezenten Röslein viel schöner wirken.

 

Zu dieser Zeit hatte auch Georg Nußmann, der Dekorgestalter von Lichte, dem wir diese Informationen verdanken, etliche Arbeiten für Berlin-Souvenir in Auftrag.

Ludwig Zepner: geboren 1931

 

In der Broschüre "Meißen heute" aus dem Jahre 1976 wird über Ludwig Zepner wie folgt geschrieben: "Am Anfang standen die Entwürfe für die Wallendorfer Manufaktur. Sie sind bereits nach eigenem Prinzip gestaltet und heben sich gegen die von Gottfried Stöhr und Hubert Petras deutlich ab. Es ist vor allem die organisch fließende Bewegung, die Variationen der balusterhaften Schwellung, wie sie von der Töpferscheibe des Keramikers emporwächst (vgl. die Fayencevasen des 18. Jahrhunderts in Kürbisform), für die sich Zepner interessiert.

 

- Vasengruppe, drei Vasen in verschiedenen gebauchten Balusterformen, weiß glasiert, 1964 mit den Modellnummern, 2178, 2180 und 2181,

Dekore von Heinz Werner, 1964, Aufglasurdekor blau, Schiebebild und Handmalerei, Dekor von Arno Häckel - Schiebebild inklusive Federzeichnung und Goldrelief handgemalt, Dekor der blauen Rose von Gerhard Nußmann

 

- Dose, Doppelschalenform mit Reliefmuster, weiß glasiert, 1964, in zwei Größen,

 

- Hohe Dosen mit der Modellnummer 3055, 30 cm in der Höhe, 12 cm im Durchmesser, weiß glasiert, 1964, Deckel mit Kauf, Deckel mit Hahn von Peter Strang

 

- Sportschale, weite Form mit geradem Rand auf eingezogenem Standring, umlaufender

Reliefdekor: Friedensfahrt. Biskuit, innen glasiert, 1964/1966

 

- Kaffeeservice "Flitterwochenservice" (siehe meinen gleichnamigen blog) , Zylinderform, abgespreizte Ringhenkel, steil geschwungene Tülle, weiße Glasur, bemalt mit Purpurblüten und in Blau eingestreute galante Szenen in Aufglasurfarben, Deckel versilbert, 1962/1964, Dekor Heinz Werner (siehe vorherige Galerie). 

Balustervase von Ludwig Zepner mit Dekor von Gerhard Nußmann (oben)

Balustervasen von Ludwig Zepner und Vase rechts von Ilse Decho,

links Dekor von Heinz Werner und rechts Dekor von Gerhard Nußmann 

40 cm Balustervase  1963/1964 - modelliert von Ludwig Zepner - Modell Nr. 2178

mit Dekor von Arno Häckel - Schiebebild inklusive Federzeichnung und Goldrelief handgemalt

Die rechte der beiden Vasen ist neu und tatsächlich ein Lampenfuss, wie an der Öffnung zu erkennen ist.  Das Dekor ist etwas abgewandelt, erkennen Sie die Unterschiede?

Bei dem nachstehenden Lampenfuss könnte es sich um ein von Ludwig Zepner für Wallendorf entwickeltes Modell aus den 1960er Jahren handeln. Die Struktur gleicht den von ihm später für Meissen entworfenen Vasen.

Hubert Petras: 09.10.1929-19.08.2010 Plastiker

 

- Abschluss einer Töpferlehre

- 1950-1953 Studium an der Fachschule für angewandte Kunst Wismar, insbesondere bei Waldemar Grzimek,

- 1966-1995 lehrte er an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (Saale) im Studiengang Industriedesign und trug wesentlich zur Profilierung des Fachgebietes Gefäßdesign bei. 

 

1964 begann die Zusammenarbeit der Wallendorfer Porzellanfabrik mit Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle vorerst mit Hubert Petras. Später kamen noch andere Dozenten  und Studenten dazu, die für Wallendorf und auch für Lichte Designarbeiten anboten und auch umsetzten. 

 

Tintenfassvasen und Röhrenvasen

deren Dekore:

 

Heinz Werner:

Herbstliche Bäume - Schiebebild und Handmalerei 1964/65,

Regen - Scharffeuerdekor Kobalt, Schiebebild 1965,

Tiergarten Hoyerswerda - Scharffeuerdekor Kobalt und Gold, Handmalerei 1966,

Tiergarten Hoyerswerda - Aufglasurdekor farbig, Handmalerei, 1966, 

Parklandschaft+Trabrennen+Seebad - Aufglasurdekor farbig, Handmalerei 1965

Sanssouci - Aufglasurdekor blau, Schiebebild, 1965

 

Gerhard Nußmann:

Purpur und Gold sowie  Blau und Gold - Aufglasurdekor Handmalerei, 1964

 

Arno Häckel:

Tierpark - Aufglasurdekor farbig, Handmalerei, 1965

 

Johanna Böhm:

Ostsee - Aufglasurdekor farbig, Schiebebild und Handmalerei, 1964

 

Hilde Bergmann:

Ostsee - Aufglasurdekor blau, Schiebebild, 1964

 

Schalen, mit Reiskorntechnik nachahmendem transparenten Negativrelief, 1963 (Dekore: Tauben und Ölzweige, Stilisierte Blätter, Jahreszeiten)

 

Leuchte mit Holzsockel, 1963, weiß glasiert

 

Ascher, 1963, weiß glasiert

 

 

 

 

 

 

Röhrenvase von Hubert Petras

 

mit der Modellnummer 2184/1

 

 

 

 

 

 

 

 

Dekor von Hilde  Bergmann

seltenes Stück der Wallendorfer Moderne

Stangenvase von Hubert Petras mit dem Dekor "Tiergarten Hoyerswerda" von Heinz Werner

siehe auch meine Seite Künstlermodelle Gefäße

 

Die vorstehend abgebildete Schale mit schwarzem Hintergrund wurde kürzlich in Halle in der Galerie Nord verkauft und ich konnte Sie auf diese Weise ausfindig machen. Dem handschriftlichen, bisher unveröffentlichten Werksverzeichnis von Hubert Petras zufolge handelt es sich um einen Entwurf aus dem Jahre 1957. Es gab zwei Varianten der Schale, einmal mit erhabenem und einmal mit negativem Relief. Der Inhaber der Galerie, Thomas Steuber, der auch Inhaber der Porzellanmarke Lettiner Porzellan ist, stand mit Hubert Petras bis zu seinem Tode in Verbindung. Zu dessen 80. Geburtstag wurde ihm in der Galerie eine kleine Kabinettausstellung eingerichtet. Zum Ende seines Wirkens hat er noch zwei Salzgefäße für diese Porzellanmarke entworfen, die sie auf deren Webseite anschauen können.

 

Und nun konnte ich diese Schale der Wallendorfer Moderne, gestaltet von Hubert Petras im Jahre 1963,  darstellend die Jahreszeiten in transparentem Negativrelief,  unter äußerst schwierigen Bedingungen für die Sammlung erwerben.

Schale von Hubert Petras, Tauben und Ölzweige,

Entwurf für Wallendorfer Porzellanfabrik 1963

 

Schalen mit transparentem Negativrelief, Dekor stilisierte Blätter von Hubert Petras, Entwurf aus dem Jahre 1963 für die Wallendorfer Porzellanfabrik.

Sicher werden Sie, liebe Leser, sich fragen,  wie ein solches Gefäß hergestellt wird. Etwas weiter oben haben Sie bestimmt auch das Wort "Reiskorntechnik" entdeckt. Ja, es gab  in der Geschichte des Porzellans das chinesische Vorbild der sogenannten "Reiskorntechnik". In die noch weichen frisch geformten Porzellangefäße wurden Reiskörner eingedrückt, diese verbrannten während des Brennvorganges und es entstand der Effekt der unterschiedlichen Wandstärke beim Porzellan.

 

In der heutigen Zeit wird ein Relief (erhaben bzw. aufgelegt) in die Außengipsform eingearbeitet. Die Form wird mit Gießmasse gefüllt und nach Bildung einer entsprechenden Scherbenstäke wird die restliche Gießmasse ausgegossen. In noch weichen Zustand bekommt das Gefäß mit Hilfe einer Schablone seine glatte Innenform. Durch dieses Verfahren entsteht ein Porzellanstück mit unterschiedlicher Scherbenstärke.  

Diese kleine Schale wurde zusätzlich handbemalt in typischer Blumenmalerei der Kunstabteilung Wallendorf zu Zeiten von Fraureuth.

In der Mitte sind die Schalen mit historischen Ansichten von Bauwerken der Stadt Berlin dekoriert. Diese Stadtansichten hat Gerhard Nußmann nach alten Merian-Stichen angefertigt bzw. umgesetzt. Sie waren ursprünglich nicht für die vorstehenden Schalen vorgesehen, so dass es sich bei diesen Schalensatz wohl um eine einmalige Ausfertigung oder um eine kleine Serie handelt. 

Das Künstlerkollektiv des VEB Vereinigte Zierporzellanwerke Lichte wurde 1975 in die ehemalige Betriebsstätte Langer & Jahn in Geiersthal "umgesiedelt", wodurch der Überblick verloren ging, wer sich in den einzelnen Betriebsteilen "eigenmächtig" in Porzellangestaltung geübt hat.
Und nun hat sich auch ein Porzellanset gefunden, für das die Ansichten ursprünglich gedacht waren.

Vase von Hubert Petras aus dem Jahre 1964 mit der Modell Nummer 2186 in einer Höhe von 27 cm, weiß glasiert mit Relief,  dazu gehörend auch eine Schale in 4,5 cm Höhe  und einem Durchmesser von 15 cm.

vorstehende Vase von Hubert Petras  wurde zweckentfremdet. Bereits die Goldränder oben und unten lassen die Moderne hinter sich zurück. Hier hat sich wohl ein Modelleur einen Traum erfüllt - ein seltenes Stück zum Schmunzeln.

 

kleine Vase von 9 cm Höhe und 4 cm Durchmesser mit der Form Nummer 2184/0 und der Dekor Nummer 800, deren Entwurf auch in die Zeit um 1964 fällt. Ich würde die Form Hubert Petras und das Dekor Heinz Werner zuordnen. 

 

Röhrenvase von Hubert Petras in modifizierter Form mit einem eingefügten Medaillon bzw. einer Kupfer - Münze, die den Fernseh UKW Turm Berlin zum Motiv hat. Die Dekoration ist im Ergebnis von Versuchen entstanden, Porzellan und Metall miteinander zu kombinieren, was dem gelernten Metallgraveur Gottfried Stöhr am Herzen lag und auch beim Flitterwochenservice seinen Ausdruck fand. 

 

Röhrenvase von Hubert Petras mit der Form Nummer 2184/3 (15 x 6 cm)

Dekor von Gerhard Nußmann: historischen Ansichten der Stadt Potsdam im 19. Jahrhundert

Margarete Jahny

 

» Ästhetik des Nützlichen (industrieform-ddr.de)

 

Liebe Leser,  unter dem vorstehenden Link können Sie alles über Margarete Jahny erfahren. Hier ein Auszug: 

 

"Übrigens: Deutlich für viele Jahre erkennbar sind noch die Spuren, die Margarete Jahnys Wirken in Fischbach hinterlassen hat: Das gesamte Produktsortiment für den Haushalt erhält ein anderes, modernes Gesicht, auch als die Gestalterin bereits wieder anderswo gefragt ist.


Margarete Jahny sagt, sie selbst hätte viel Glück gehabt mit ihren Auftraggebern und Partnern in der Industrie, das wären in den meisten Fällen neuen Gestaltungsvorschlägen gegenüber aufgeschlossene Leute gewesen.

 

Dies trifft insbesondere auch um 1960 auf das Porzellanwerk Wallendorf in Thüringen zu, wo sie eine Heimstatt findet für ihre keramische Experimentierlust in puncto Serienporzellan. Und nicht nur sie: auch für andere Gestalter wie Heiner Hans Körting, Hans Merz, Hubert Petras oder Ludwig Zepner (später Chefentwerfer in der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen) wird Wallendorf zu einem regelrechten Wallfahrtsort, wo sie der allgemeinen, vom Handel abgeforderten Dekorations-Inflation entfliehen und sich in edlen weißen Formlösungen versuchen dürfen – bis sie und der Werkleiter mit dem schönen Namen Habedank von den Berliner SED-Kulturdiktatoren scharf zurückgepfiffen werden unter dem öffentlichen Vorwurf, „kalten Funktionalismus“ und „farblose Eintönigkeit“ zu betreiben und mit ihren Experimenten den Exportplan zu gefährden, was an Wirtschaftssabotage grenze.


Die von Margarete Jahny für die Serie entworfenen Wallendorfer Glieder- und Kragenvasen sind heute Klassiker der besten Jahre des DDR-Designs und leider nur sehr, sehr selten zu bekommen. Wer sie dereinst vor 50 Jahren im staatlichen Kunsthandel ergatterte, hütete sie wie den eigenen Augapfel, und offenbar sieht auch die nachkommende Erben-Generation keinen Grund, sie auf Trödelmärkte zu tragen.

 

Gliedervasen 1960  -  Modellnummern 2182/1, 2182/2

Kragenvasen 1963  - 

Formen Nr. 2196/1 (Größe: 12,0 x 8 cm), Nr. 2196/2 (Größe: 16,5 x 10 cm) sowie Nr. 2197/1 

 

3. Bild: Dekor Heinz Werner 1966

Gliedervase (fünf Glieder) Form Margarete Jahny, betriebsinterne Form Modell Nr. 2156 und Sportpokal mit Dekor in rot von Arno Häckel 1963/64, Schiebebild inklusive Federzeichnung und Goldrelief handgemalt. Dieses Dekor soll es auch in der Ausführung in grün gegeben haben, insbesondere auf den Dosen von Ilse Decho (siehe dort und hier)

 

 Balustervasen von Ludwig Zepner, Kragenvase von Margarete Jahny und Röhrenvase von Hubert Petras jeweils mit Kobaltblütendekor von Gerhard Nußmann (unten) 

Vase mit einzigartiger Form Nr. 2198, gestaltet von Margarete Jahny um 1963 mit dem Motiv der blauen Rose, handgemaltes Scharffeuer Kobalt Dekor von Gerhard Nußmann.

Kragenvasen von Margarete Jahny mit der Form Nr. 2196/1 (Größe: 12,0 x 8 cm), Nr. 2196/2 (Größe: 16,5 x 10 cm) sowie Nr. 2197/1 in der Größe 12,5 x 7 und in der dritten Galerie mit der Form Nr.  2197/2 in der Größe 16,5 x7,5 oben.

Ilse Decho

Vasen (Dekor Gerhard Nußmann - siehe nächste Seite)

Dosen, 1964

 

Vase der Wallendorfer Moderne

Form Ilse Decho mit der Modellnummer 2208

Wunderschönes Dekor von Gerhard Nußmann mit eingelassenen Glasperlen

kleine Vase der Wallendorfer Moderne

Form Ilse Decho mit der Modellnummer 2211

Kleine Vase der Wallendorfer Moderne,      form Ilse Decho mit der Modellnummer 2211,        Design von Gerhard Nußmann

seltene Vase, geformt von Ilse Dechow, Modell Nummer 2209, mit dem Dekor der blauen Rose von Gerhard Nußmann

 

Die nachfolgende Zylinderdose (Dosen weiß glasiert, 1964) hat Ilse Decho entworfen. Die Serie umfasst verschiedene Größen der Dose. Der ursprüngliche Dekorentwurf (Scharffeuerdekor blau, Schiebebild, 1965) stammt ebenfalls von Ilse Decho (1. Foto). Die Kobaltausführung mit Gold ist Gerhard Nußmanns Variante (3. Foto).

  Für diese Dosen soll es noch folgende Dekore geben:

 

- Arno Häckel: Aufglasurdekor, 1965, Handmalerei grün mit schwarzer Federzeichnung

 

Hier soll es sich um das gleiche Dekor handeln, wie nachfolgend in rot zu sehen (5. Foto), nur in grün ausgeführt.

 

- Gerhard Nußmann: Aufglasurdekor schwarz, 1965, Erfurt, Schiebebild nach Originalholzschnitt von 1497)

 

Städtebilder auf Decho-Dosen nach alten Merian-Stichen oder Holzschnitten hatte Gerhard Nußmann für die meisten größeren DDR-Städte entwickelt (Foto 4) sowie nachfolgende Dose mit Holzdeckel mit Ansichten von Potsdam

 

- Luise Neupert und Hans Neupert: Aufglasurdekor Grün, 1965, Wiratexmotiv (8. Foto)

 

Wiratex war in der DDR eine Exportgesellschaft für Wirkwaren und Raumtextilien mbH; eine namhafte Firma, die sich Porzellanpräsente leisten konnte. Die Aufträge dieser Firma wurden von Gerhard Nußmann bearbeitet und umgesetzt, der mir bestätigen konnte, dass es sich bei dem 4. Foto um ein Wiratexmotiv handelt.

 

 Und jetzt ist es mir tatsächlich gelungen eine Dose mit dem ursprünglichen Dekorentwurf, mit dem sehr seltenen kobaltblauen Scharffeuerdekor aus der Feder von Ilse Decho, zu erwerben.

Dose von Ilse Dechow mit der Form Nummer 3054

mit historischen Ansichten von Saalfeld/Saale

Dose von Ilse Dechow mit der Form Nummer 3054 in der Variante mit Holzdeckel und Ansichten von Potsdam im 19.Jahrhunderts

Dose  von 11 cm Höhe und 10 cm Durchmesser von Ilse Dechow mit dem Dekor "Sockelreliefs auf der Galerie am Glockenspielpavillon Dresden Zwinger"

Dose von Ilse Dechow mit der Form Nummer 3054

mit Ansichten von Berlin, ein Dekor von Gerhard Nußmann

Glanzstück der Wallendorfer Moderne 

Dose Ilse Dechow, Modell 3051,

weiß glasiert mit Negativrelief

Hans Merz 1921 - 1987

 

Vase, 2160, 1963, Aufglasurdekor Purpur Heinz Werner, 1964, Handmalerei

 

Astrid Löffler - Lucke (geb. 1939 in Magdeburg)

1959 - 64 Studium,

1964 - 74 Assistenz bzw. künstlerische Mitarbeit an der Burg Giebichenstein Halle,

1974 - 84 freischaffend in Halle, später in Weißenfels.

 

Quelle: "Burg Giebichenstein - Die hallesche Kunstschule von den Anfängen bis zur Gegenwart", 1993.

Liebe Leser,

 

wie mir von mehreren Insidern auch namens der benannten Künstlerin im März 2022 übermittelt wurde, stammen die nachgenannten Formen der Teedose und der Kugelvasen nicht von Astrid Löffler. Sie sollte daher als Künstlerin ohne weitere Belege ihres Wirkens für die Wallendorfer Porzellanfabrik hier nur aufklärungshalber benannt werden.

 

Jedenfalls gehört sie nicht zu den Künstlern, die vor 1964 aufgerufen waren, ihre Entwürfe in Wallendorf einzureichen. Schon die Modellnummer der Kugelvasen 2217 zeigt einen späterem Entwurf,  der wohl in das Jahr 1968 einzuordnen ist.  Auf den vorhandenen Ausstellungsfotos sind die Kugelvasen mit ihrem modernen zeitlosen Design erstmals 1970 nachzuweisen. 

 

Und wie immer war es sicher ein Zusammenwirken vieler ambitionierter Mitarbeiter,  um aus einem Entwurf ein Porzellanstück zum Leben zu erwecken. Die eigene Persönlichkeit hat man in den Porzellanfabriken in Lichte und Wallendorf in der den Porzellinern innewohnenden Bescheidenheit eher hinten angestellt...

 

Und diesem Prinzip folgend wollen wir es mit dem Gesagten dabei belassen. Das Ergebnis des Wirkens kann sich jedenfalls sehen lassen.

 

Und hier sind sie nun - die Wallendorfer Kugelvasen mit Durchbruchrand,.

 

Kugelvasen

Teedose, 1966, Dekor Heidi Manthey 

Endlich ist es mir gelungen, ein wenn auch beschädigtes und ohne Deckel versehenes Exemplar der Teedose mit Dekor von Heidi Manthey zu erwerben und Ihnen zu präsentieren. Die Teedose hat die Modellnummer 3062 erhalten.

Heiner-Hans Körting  (1911 - 1991)

 Mokkaservice von Heiner Körting, 1964 in Wallendorfer Porzellan gefertigt,

Entwurf in Keramik 1952, hier mit Aufglasurdekor Blau, auch in weiß glasiert ausgeführt

 

 

Das linke Foto ist auf der Rückseite mit Heiner Körting, Porzellan Mokkaservice mit Scharffeuer-Blau-Dekor bezeichnet. Das rechte Foto stellt einen Ausschnitt aus einem Ausstellungsfoto dar,  hier ist das Service lediglich weiß glasiert. Im Katalog "Modernes Porzellan aus Wallendorf" ist das Service ebenfalls weiß glasiert abgebildet; es wird jedoch darauf verwiesen, dass es auch in der Variante mit Aufglasurdekor Blau Schiebebild existiert. Da kein gesonderter Gestalter für das Dekor angegeben ist, gehe ich davon aus, das nicht nur die Form, sondern auch das Dekor von Heiner Körting stammt.

 

Wenn man allerdings genau hinschaut erkennt man, dass das Dekor auf dem Foto links nicht identisch ist mit dem erworbenen kobaltblauen Service. Letzteres Dekor ist nicht mehr so spartanisch, stilistisch, etwas gefälliger, ja liebevoller. Auch sind die Ränder der Untertassen sind nicht mehr dekoriert; sie wirken dadurch noch edler, sehr modern und elegant zugleich.

 

Was es mit dem spartanischen bauhausmäßigen?? Dekor auf dem Foto auf sich hat, ist nicht ganz klar, vielleicht ein erster Entwurf, der noch einmal überarbeitet wurde?  Alle im Internet gezeigten Service, auch das im Schlossmuseum in Dornburg ausgestellte, zeigen das Aufglasurdekor des erworbenen Services.

 

Die Kanne weist eine Größe von 18 cm und das Sahnekännchen eine Größe von 10,5 cm auf. Die Tassen sind 6 cm hoch und die Zuckerschale 5 cm. Die Untertassen sind 10,5 cm im Durchmesser.

 

Und nun viel Freude beim Anschauen dieser edlen zeitgemäßen Porzellane aus dem Wallendorf der 1960 er Jahre.

Traudel Köhler

 

 kleine Vase, 1962, weiß glasiert mit Relief und Aufglasurdekor Purpur, Handmalerei, 7.5 cm

 handeltes sich dabei um diese kleine Vase??

 

Dekor Nr. 749 von Heinz Werner, 1964, handgermalt 

kleine Vase 6, 5 cm, Modell Nr. 2158

Wallendorfer Porzellan

               Porzellan - Geschichte(n)

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