Unser Wallendorfer Porzellan

Kleiner Überblick über seine Entwicklung

 

Bei meinen Forschungen bin ich auch auf die Hausarbeit zur Facharbeiterprüfung von Christin Böhm-Schweizer (verheiratete Bauer) gestoßen. Sie ist dem Porzellan übrigens nicht treu geblieben, ist in die Glasfabrikation gewechselt, wie dies in schwierigen Zeiten der Porzellanindustrie in der Geschichte stets der Fall war.

 

Die nachfolgenden Ausführungen sind dieser Arbeit mit Zustimmung der Autorin und einer Broschüre der Wallendorfer Manufaktur zum 225 Jahrestag im Jahre 1989 entnommen.

 

...Porzellan, das "weiße Gold", dessen Schönheit und Eleganz schon seit mehreren Jahrhunderten bewundert und dessen Kostbarkeit und Wert bis in die heutige Zeit geschätzt wird, ist ein Werkstoff mit einer umfangreichen Geschichte ...

 

Die Nacherfindung des Porzellans in Thüringen fällt in die Mitte des 18. Jahrhunderts und ist hauptsächlich Georg Heinrich Macheleid, Johann Gotthelf Greiner, Johann Gottfried Greiner und Johann Wolfgang Hammann sowie ihren Helfern (v.a. Johann Georg Dümmler) zu verdanken.

 

Da Herrn Macheleid am 04.10.1760 vom Landesfürsten von Schwarzburg-Rudolstadt als Erstem das Exklusivrecht zur Porzellanherstellung in diesem Fürstentum erteilt worden war, musste der damalige Hütteninspektor Hammann in Katzhütte, dem sich die Greiners angeschlossen hatten, im nahegelegenen Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld sein Glück versuchen.

 

Es war der Ort Lichte/Wallendorf, durch den die Landesgrenze verlief. So erwarb Hammann das in Wallendorf gelegene Freiherrliche von Hohentalsche Rittergut und gründete am 30.11.1763 ein privates Unternehmen, an dem sein Bruder Johann Georg Hammann, sein Sohn Ferdinand Friedrich Hammann sowie die beiden Greiners mit je 1/6 Anteil beteiligt waren. Sie erhielten am 30.03.1764 die Konzession zur Porzellanherstellung und eben letzteres Datum wird seit dem 200. Jahrestag im Jahre 1964 als das Gründungsdatum der Wallendorfer Porzellanfabrik angenommen.

 

Der Liebe der Einheimischen zur Porzellanherstellung, sowohl der Betreiber als auch der Macher ist es zu verdanken, dass sich der Betrieb von Beginn an auch ohne fürstliche Gelder ständig aufwärts entwickelte.

 

In den ersten Jahren wurden in Wallendorf vorwiegend Türkenkoppchen (henkellose Tassen, wie sie im Orient benutzt wurden), Pfeiffenköpfe, Tassen, Teller und Kannen hergestellt, um 1775 erschienen die ersten Figuren.

  

Die Qualität des Scherbens konnte mit der Verwendung böhmischen Kaolins wesentlich verbessert und ab dem Jahre 1793 als "blendend weiß" bezeichnet werden.

 

Von Anfang an war die Arbeit der Buntmaler, die das Geschirr dekorierten, von guter Qualität.

Dominierend war bis in die sechziger Jahres des 18. Jahrhunderts ein Rokoko ländlichen Stils, wie fein reliefierte Korbflecht- und Blütengittermuster, die farbig gehöht wurden und mit Blumen-, Blätter-, Früchte- und Vogelmalerei geschmackvoll arrangiert waren. Das in Wallendorf beliebte Blumendekor wurde überwiegend in einer flotten, realistisch lebendigen Malweise wiedergegeben, die der jeweiligen Fläche und Form Rechnung trug, so dass Gefäß und Dekor sich schlossen und eine Einheit bildeten. Auch volkstümliche "Blauware", bei der auf dem typisch fayenceartigen Scherben Strohblumen und Chrysanthemen mit sattem, schwärzlichen Kobalt gemalt wurden, wurde hergestellt. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bestimmten das seit den achtziger Jahren verwendete indianische Purpurmuster sowie Landschaften mit Architektur in derber Purpurmalerei das Dekor. Auch an der antiken Facon ging man in Wallendorf nicht vorbei. Die kurz vor der Jahrhundertwende aufkommenden eher steif wirkenden Gefäße wurden mit Girlanden, Blumen- und Portraitmedaillions, Ruinenlandschaften, Monumenten, römischen Zahlen und Monogrammen geschmückt.

 

Einer der drei talentiertesten Maler der Wallendorfer Fabrik um 1797 war (neben Josef Adam Langer und Johann Friedrich Greiner) Johann Heinrich Haag (siehe meine Haag-Page). Durch sie wurde eine Spezialität der Fabrik, die braunen, sattblauen und schwarzen Designs gepflegt. Die Bemalung der Türkenköppchen und Pfeifen erreichte einen beachtenswerten Einfallsreichtum und eine Manigfaltigkeit des Dekors der in feiner lustiger Manier staffierten Ware.

 

Was die Wallendorfer Produktion von jeher auszeichnete und ihr Profil bestimmte, ist ein anspruchsvolles Figurenprogramm. Typisch für die Wallendorfer Figuren sind ihre Lebensnähe und Natürlichkeit. Die Darstellungen von volkstümlichen Berufen und ländlichen Begebenheiten wurde bevorzugt. Obwohl ihre Formgestaltung einfach gehalten war, wurden sie so bemalt, dass jeder Gegenstand ein kleines Kunstwerk darstellte. In der Figurenmalerei der Neuzeit sind vor allem die Mattfleischfiguren wie Tänzerinnen, Amoretten, Schlittschuhläuferinnen und Damen der feinen Gesellschaft hervorzuheben. Die Kleinplastiken wurden von talentierten Modelleuren entworfen. Unter den im Betrieb angestellten war es vor allem Kurt Steiner, der mit seinen grazilen Mädchenfiguren, Aktdarstellungen, den Tanzpaaren und Tänzerinnen aus dem Ballett "Schwanenseee" den Wünschen vieler Kunden im In- und Ausland entgegenkam.

 

Das damals entstandene Formen- und Dekorgut wurde auch in der Neuzeit, auch in abgewandelter und verbesserter Form verwendet. Die Vielfalt der Sortimente hat sich durch Neugestaltungen in allen Zeiten, zur Zeit von Heinz Schaubach und vor allem nach der Übernahme in Volkseigentum zu Zeiten der DDR ständig erhöht und teilweise auch erhalten. 

 

Die Wallendorfer Porzellanmanufaktur war ein im In- und Ausland geschätzter Produzent, der die Tradition thüringischen Porzellanschaffens pflegte, aber auch dem Neuen gegenüber stets aufgeschlossen war, was seinen großen Erfolg ausmachte.

 

Alles weitere Wissenswerte können Sie den nachfolgenden Seiten entnehmen.

 

Ihre Sylvia D. geb. Koge

 

Christine von Brühl:

Schwäne in Weiß und Gold:

Geschichte einer Familie

 

Über das Schwanenservice:

 

"Der Großteil des Porzellans war sorgsam verwahrt worden, ... Bei großen Festen...wurden auch diese Teile hervorgeholt, ...

 

Dann lebten die alten Zeiten wieder auf, zahlreiche Gäste waren zugegen, die das Porzellan zu schätzen wussten und sich daran erfreuten. Jeder Anwesende, die Verwandten, Nachbarn und Freunde, durften gleichermaßen daran teilhaben, wurde dadurch geehrt und mit einbezogen. Diese Feste stellten Höhepunkte des Lebens der Familie dar, Zeiten, auf die sie sich gebührend vorbereitete und die sie nie wieder vergaß. Sie waren mit starken Emotionen verbunden, dienten dem Zusammenhalt und waren letztlich Ausdruck der eigenen Identität. Kein Wunder, dass sich das Porzellan, das an solchen Tagen genutzt wurde, unauslöschlich mit dem Selbstverständnis der Brühls verband. Sie betrachteten es als ihre ureigenste Aufgabe, der Nachwelt diesen Schatz zu bewahren."

 

Wallendorfer Porzellan

               Porzellan - Geschichte(n)

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