Die berühmten Lichtner Porzellanplattenmaler

Louis Scherf (30.05.1870  - 20.03.1955)

Albert Scherf (17.08.1876 - 01.05.1953)

Louis Scherf wurde, wie mein Vater mir erzählt hat, im Ort "der Hachemüllersch (Hagemüllers) Loui" genannt.

 

Das kam daher, da seine Mutter Anna eine geb. Hagemüller (1861-1914) war. 

 

Sie war Schneiderin. Der Ehemann von Anna und Vater von Louis Scherf hieß Otto Hugo Scherf (1837-1881) und war Porzellanmaler. Er ist schon früh verstorben, Louis Scherf war gerade mal 11 Jahre alt, sein Bruder Albert Scherf, der ebenfalls eine bekannter Porzellanplattenmaler wurde, war 5 Jahre alt. Und es gab noch zwei weitere Geschwister, die Schwestern Emma (1874-1947) und Lina (1879-?). Da können Sie sich denken, welche Armut im Hause geherrscht hat. Der Vater von Otto Hugo Scherf hieß Wilhelm Scherf und war auch Porzellanmaler; ebenso wie der Vater von Anna Hagemüller, Ferdinand Hagemüller, der am 30.01.1884 bereits verstorben war. Dies geht aus einer Geburtsurkunde hervor, aus der wir erfahren, dass die Mutter von Anna Hagemüller, Christiane Hagemüller geb. Schwarz, Hebamme war und 1884 bereits Witwe. Das bedeutet auch, dass spätestens ab 1884, Louis war 14, Albert 8 Jahre, gar kein Mann mehr im Hause war.

 

Mein Vater hat Louis Scherf in den 1950er Jahren einmal zu Hause besucht und selbst zu diesem Zeitpunkt, nachdem er sein Leben lang als Porzellanplattenmaler und Künstler tätig war, herrschten im Hause noch ärmliche Verhältnisse.

 

Die besagte Geburtsurkunde und ein Foto der Hebamme Christiane Hagemüller geb. Schwarz, der Großmutter von Louis Scherf, können Sie nachfolgend sehen. 

 

 

 

Die Großmutter Christiane Hagemüller ist auch insofern für die Porzellanforschung interessant, als dass Louis Scherf ein Portrait auf Porzellanplatte von ihr gemalt hat, für das er auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 die goldene Medaille erhielt.

 

Ein Foto dieser von Louis Scherf handgemalten Porzellanplatte können Sie nebenan  sehen.

 

 

Das künstlerische Lebenswerk              unseres Lichtener Bürgers Louis Scherf

 

Da ich noch Genaueres über die Porzellinerin Helma Scherf geb. Ulbrich, die Ehefrau von Louis Scherf, herausfinden wollte, bin ich auf den Aufsatz von Helmut Scherf "Porzellanplattenmalerei aus dem Lichtetal, Leistung und Pflege einer überlokal bedeutsamen Tradition" aus dem Jahre 1983 gestoßen.

 

Dieser Aufsatz war eine schöne Bestätigung und Bereicherung meines Wissens und ich kann diesen nur wärmstens empfehlen, wenn Sie Genaueres über das Leben und Wirken der Brüder Louis Scherf und Albert Scherf aus Lichte, unserer berühmtesten Porzellanplattenmaler erfahren möchten. Der Aufsatz ist mit vielen Abbildungen von Porzellanplatten, v.a. von Louis Scherf illustriert.

 

Es erübrigt sich daher einen eigenen Schriftsatz zu erstellen, denn trefflicher als Helmut Scherf vermag es sicher Niemand, das Leben und Wirken dieser beiden Porzelliner und Künstler aus Lichte darzustellen.

 

Desweiteren seien auch an dieser Stelle noch einmal das Buch von Sandy Alami "Von wahrhaft künstlerischer Ausführung - Porzellanplattenmalerei aus Thüringen seit dem 19. Jahrhundert" und der Katalog des Museums "Otto Ludwig" in Eisfeld "Alte Meister en miniature - Thüringer Porzellanplattenmalerei" aufgeführt, über den ich bereits auf meiner Seite Porzellanplatten berichtet habe.

 

Über Helma Ulbrich bzw. Helma Scherf geb. Ulbrich konnte ich tatsächlich in Erfahrung bringen, dass Sie dort als Porzellinerin benannt wurde. Auch steht geschrieben, dass ihr erstes Kind aus der Ehe mit Louis Scherf im Alter von nur fünf Monaten verstarb und sie danach keine weiteren Kinder zur Welt brachte. Daraus könnte man ableiten, dass Sie als Frau die Möglichkeit hatte, als Porzellinerin bei der Firma Gebrüder Heubach zu arbeiten; die finanzielle Notwendigkeit hat, wie wir oben erfahren haben, ebenfalls bestanden. Hierzu habe ich meine Vermutungen zu den Porzellanen der Firma Gebrüder Heubach, die mit h. ulbrich signiert sind, auf meiner Seite Heubach Galerie angestellt. Schauen Sie doch bei Interesse einmal dorthin.

 

 

 

Nun habe ich mich entschlossen, den Aufsatz von Helmut Scherf auf meiner diesbezüglichen Unterseite (einfach anklicken und Sie sind dort) im Wortlaut aufzunehmen. Hier ein Auszug:

 

"In der Frühzeit, einer künstlerisch fruchtbaren und bereits leistungsstarken Periode, hat Louis Scherf seine Platten nicht signiert. Sie tragen rückseitig lediglich den Stempel der Fa. Gebr. Heubach. Erst gegen 1900 sind signierte Platten nachweisbar, in der Regel jedoch ohne Datierung. Die strenge disziplinierte Auffassung der Früh- und Hochzeit mit einer minutiösen, erstaunlich verdichteten und vergeistigten, farblich brillanten Malerei weicht im Verlauf der dreißiger und in den vierziger Jahren einem gelockerten, malerisch reicheren Altersstil. Güte und Weisheit des Alters lassen zu überraschend neuen Formulierungen und Ausdeutungen gelangen. Ein überzeugendes Beispiel dafür ist der "Lesende Eremit" aus dem Jahre 1950. Wohl lassen Kraft und Spannung, die gewohnte Brillanz der Farben merklich nach, Linien und Konturen büßen von ihrer vormaligen Sicherheit, ihrer Straffung und Akkuratesse ein, dafür  aber erhält das Bild eine wunderbare farbig-tonige Geschlossenheit und geistige Tiefe. Wie in den zurückliegenden Jahrzehnten überwiegen die ein gutes Handwerk fordernden Kopien, die zugleich ein Maßstab für das eigene künstlerische Schaffen sind. So übte Louis Scherf, geachtet und geehrt, bis ins hohe Alter hinein (noch mit 83 Jahren kopierte er Rembrandts "Mann mit dem Goldhelm" und malte wenige Wochen vor seinem Tod ein Christusbild und einen "Gekreuzigten") seine anspruchsvolle Plattenmalerei. Ein Augenleiden behinderte ihn jedoch zunehmend und beeinträchtigte in den letzten Lebensjahren, da er nur noch mit der Lupe malen konnte, die Qualität seiner Bilder." ...

 

Gebrüder Heubach, Handmalerei, Blumen, Signatur: Louis Scherf

 

"Auch Albert Scherf war ein überdurchschnittlich begabter Maler, feinsinnig und technisch überaus versiert. Mit Bravour wußte er feine Lichtwirkungen oder effektvolle Hell-Dunkel-Gegensätze überzeugend darzustellen. Man denke nur an die beiden meisterlichen Platten "Lesende Frau bei Kerzenlicht" und "Vorm Schlafengehen". Seinen Bildern mangelt allerdings die kreative Note seines älteren Bruders, dessen Ratschlag öfters spürbar wird. Beide waren sie Kinder ihrer Zeit. Ihrem Stil und Geschmack, das gilt vor allem für das ausgehende 19. und frühe 20. Jahrhundert, waren sie unverkennbar verpflichtet. Sie vermochten sich aber,  und das trifft ganz besonders für Louis Scherf zu,  in den hervorragenden Bildnissen (Großmutter Christiane Hagemüller, Portraits der Mutter und der Gattin, Portrait Richard Heubachs) ganz frei zu machen und zu gültigen, menschlich ergreifenden Interpretationen zu gelangen.

 

Zahlreiche Auszeichnungen wurden Louis Scherf zuteil, so auf der Weltausstellung 1900 in Paris die Silbermedaille für die "Vier Jahreszeiten", kopiert nach Hermann Prell,  1904 auf der Weltausstellung in St. Louis die Goldmedaille für das Portrait der Großmutter Christiane Hagemüller, das sich noch heute in Lichte in Familienbesitz befindet. Auf den Weltausstellungen in Brüssel 1905 und 1910 erhielt er jeweils die Bronzemedaille." ...