Lichter am Porzellanhimmel

Die altehrwürdige Malerei Haag in Lichte

 

In dem Buch: Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches, Druck der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei 1873 - 628, auf das ich in meiner Internetsuche gestoßen bin, heißt es unter Ziffer 267.

 

"Haag, Carl (Traugott und Emil Haag), Lichte, gegründet 1844. Glas- und Porcellan Malerei. Spez. Malerei von Heiligenbildern und Portraits auf Porcellanplatten. Absatz grösstentheils ausserhalb Europa's. 40 bis 50 Maler ausserhalb der Geschäftsräume."

 

aus: Adressbuch der Kaufleute, Fabrikanten und Gewerbsleute des Königreichs Sachsen, Nürnberg 1864

 

aus Amtlicher Special-Katalog der Ausstellung Preußens und der ...:, aus dem Jahre 1867:

 

Haag, Traugott & Emil, Maler (Carl Haag), Lichte, Coburg-Gotha, Repräs. Jules Hildesheim, 102, Rue d'Aboukir.

 

Bemalte Porzellan-Platten und Plättchen. (Diese matte Malerei ist Erfindung des Ausstellers und zeichnet sich bei gleicher Haltbarkeit durch zarte Farbentöne aus.).

 

Das Geschäft besteht seit zwanzig Jahren und werden hauptsächlich fabricirt Brocheplättchen und Boutons in allen Grössen, Bierglasdeckel und Pfeiffenköpfe usw. von ordinärster bis feinster Malerei; ausserdem Möbelplatten und grössere Gemälde in allen Formen und in feiner Malerei, mit 45 bis 50 Malern.

aus: Handbuch der Leistungsfähigkeit der gesamten Industrie aus dem Jahre 1874

 

 

Ja, das ist sie nun, die Malerei Haag, vor der ich Ihnen berichten möchte, da sie mein besonderes Interesse wegen der Verbindung zu meinem Elternhaus und der dort gefundenen Porzellanstücke geweckt hat.

 

 

Die Malerei Haag war übrigens nicht erst 1873 auf der Wiener Weltausstellung, wie oben aufgeführt, sondern bereits auf der Pariser Weltausstellung 1867 vertreten. Was die Malerei Haag dort ausstellte, möchte ich gern zitieren, da ich an anderer Stelle wieder darauf zurückkommen werde. Eine Kopie des Originals des Ausstellungs-Formulars finden Sie in der Anlage.

 

Die Firma wird dort mit Carl Haag Lichte/ Coburg,

die Aussteller mit Traugott Haag und Emil Haag, Maler in Lichte/Coburg angegeben. Nähere Informationen zu Traugott Haag und Emil Haag und ihren Familien können Sie auf meiner page Familie Haag erfahren

 

Ausgestellte Gegenstände:

 

"2 Stück ovale Porzellanplättchen bemalt mit Amor nach Raphael,

 

2 Stück rund Porzellanplättchen bemalt mit Ansichten der Schwarz[burg] in matter Malerei,

 

2 Stück Capellenplättchen mit Marie nach Dolce und Ecce homo nach Guido Reni,

 

2 Stück ovale Capellenplättchen mit Imacule nach Murillo, und Madona de la sedia [sic] nach Raphael,

 

1 Stück große ovale Platte - ein Damen Portrait nach Photographie gemalt in matter Oehlmalerei x.

 

x Diese matte Malerei ist eigne Erfindung u. zeichnet sich durch die zarten Farbentöne besonders aus, und hat gleiche Haltbarkeit ".

 

"Das Geschäft besteht seid zwanzig Jahren, es werden hauptsächlich fabriziert:

Brochplattchen und Boutons in allen Größen

Bierglasdeckel und Pfeiffenköpfe etc.

von ordinärster bis feinster Malerei

außerdem Meublesplatten und größere Gemälde in allen Formen und in feiner Malerei

worin 45 bis 50 Maler beschäftigt."

 

Es war übigens nach Angabe das erste Mal, dass die Malerei an einer Ausstellung teilnahm. Danach war sie noch auf vielen Ausstellungen vertreten und erhielt immer wieder Beachtung und Anerkennung.

 

Zusammenfassend ergibt sich folgende Produktpalette:

 

Porzellanplatten, Porzellanplättchen oval und rund (auch für Bierglasdeckel), Capellenplättchen, Porzellanplättchen für Broschen (Broscheplättchen) und Ohrringe,

Möbel-Einlagen, Pfeifenköpfe.

 

So und nun schauen Sie mal in die Galerie der gefunden Porzellanstücke. So könnte die Produktpalette der Malerei Haag doch ausgesehen haben, nicht wahr??

 

Als Broscheplättchen (Brochplattchen) halte ich jene mit dem dicken Rand auf der Rückseite, auf dem der Metallring mit der Nadel für die Brosche aufgebracht wurde.

 

Als Einlagen für Bierglasdeckel wurden sicherlich die runden ordinären mit Sprüchen oder auch der Männerkopf verwendet.

 in, es hat sie tatsächlich gegeben, die "Haags Fabrik". Ich hoffe natürlich, dass ich mit dem Standort im damaligen Ascherbach auf der richtigen Spur bin.

 

Jedenfalls würde dies bedeuten, dass die Malerei Haag in den Jahren 1883/84 ihren Betrieb eingestellt hat.

 

Darüber, was mit der Malerei Haag um die Jahrhundertwende 1899/1900 geworden ist, die dann in den Adressbüchern nicht mehr auftaucht, hatte ich bis zu dieser Entdeckung zwei Vermutungen angestellt:

 

Entdeckung:

Während meines Aufenthaltes im März 2016 in Lichte wurde mir der Aufsatz von Albert Brödel: "Von der Köhlerhütte zum Industriestandort, Ein Beitrag zur Geschichte des Ortes Lichte und der Siedlungen im oberen Lichtetal" übergeben. Darin habe ich tatsächlich etwas gefunden.

 

Carl Haag in Lichte war einer der Fabrikbesitzer, die im Jahre 1871/74 einen jährlichen Zuschuss zur Zeichen- und Modellierschule in Lichte geleistet haben. Als Ort wird ausdrücklich Lichte genannt gegenüber anderen Firmen in Wallendorf und Geiersthal. Im Vorstand der Schule stand ab 1871 ein Fr. Haag (Lichte), wie ich gerade erst entdeckt habe. Es könnte sich um Friedrich Haag aus Ascherbach handeln, was bedeuten würde, dass nicht nur Carl Haag und seine Söhne Inhaber der Malerei waren sondern auch der Bruder Friedrich Haag.

 

Und noch etwas steht dort geschrieben:

 

Eine wesentliche Vergrößerung erfährt der Betrieb (der Heubachschen Porzellanfabrik) durch den Erwerb der "Haags Fabrik" im Jahre 1884...

 

Allerdings bin ich noch etwas zurückhaltend damit, denn das Manuskript des Albert Brödel, aus dem der Sohn Wolfgang Brödel 50 Jahre nach dem Tode seines Vaters diesen Satz formte, enthält lediglich die Worte 1883/1884: Haags Fabrik, aber doch in Verbindung mit anderen Erweiterungen und Modernisierungen. Immerhin, es hat sie tatsächlich gegeben, die "Haags Fabrik". Ich hoffe natürlich, dass ich mit dem Standort im damaligen Ascherbach auf der richtigen Spur bin.

 

Jedenfalls würde dies bedeuten, dass die Malerei Haag in den Jahren 1883/84 ihren Betrieb eingestellt hat.

 

Darüber, was mit der Malerei Haag um die Jahrhundertwende 1899/1900 geworden ist, die dann in den Adressbüchern nicht mehr auftaucht, hatte ich bis zu dieser Entdeckung zwei Vermutungen angestellt:

 

1.

Die Malerei könnte mit samt ihren guten Malern, die wir gehört haben, ohnehin größtenteils zu Hause beschäftigt waren, von der Firma Heubach übernommen worden sein, die ab etwa 1876 die Bemalung von Porzellanplatten in ihre Produktpalette aufgenommen hatte. Dies würde erklären, warum die Porzellanplättchen und -platten von Heubach weitgehend nicht gemarkt waren. Mehr über die Firma Heubach erfahren Sie auf der gleichnamigen Page.

 

2.

Die Malerei könnte auch von der Firma Milius Pfeifer zu Ascherbach übernommen worden sein. Diese Vermutung hat sich ergeben in Zusammenhang mit meiner Suche nach dem Standort der Malerei und dem dabei aufgetauchten Foto von der Haags-Mühle. Schauen Sie also in die Rubrik: Malerei Haag - Standort.

 

Ich werde jedenfalls weiter daran arbeiten, die entsprechenden Zusammenhänge herauszufinden. Sie können mir gern dabei helfen.

 

Ihre Porzellanforscherin

Die Haag 'sche Porzellanfabrik in Lichte

               Porzellan - Geschichte(n)

 

Da bin ich wieder für Sie, Ihre Porzellan-Reporterin

 de  K o g e n 's  Sylvia,

mit meinen Geschichten rund um's Porzellan.


Haag 'sche Porzellanfabrik in Lichte

Die Haag's Fabrik

 

Liebe Leser,

 

es hat sie tatsächlich gegeben - die Haag'sche Porzellanfabrik in Lichte.

 

Es war Emil Haag, Sohn des Carl Haag und Enkelsohn des Jakob Heinrich Haag, der diese Porzellanfabrik im Jahre 1882 in Lichte gegründet hat.

 

Nachdem ich, auf der Suche nach ganz anderen Dingen, in den letzten Tagen erfahren habe, dass sich in den Archivakten in Rudolstadt der Antrag des Emil Haag auf Neubau einer Porzellanfabrik aus dem Jahre 1882 befindet, konnte kein Zweifel mehr bestehen. Es gab nicht nur die altehrwürdige Malerei Carl Haag's Söhne, sondern auch eine Haag'sche Porzellanfabrik, nämlich die des Emil Haag in Ascherbach in Lichte bei Wallendorf,

die Haag's Fabrik.

 

Bereits im Jahre 1864 hatte Emil Haag die Baugenehmigung für ein stattliches Wohnhaus eingeholt, das er auf einem Bauplatz errichten wollte, der bereits in seinem Eigentum stand. Wo dieses Wohnhaus errichtet wurde, habe ich noch nicht herausgefunden. Diesem Rätsel bin ich nun schon viele Jahre auf der Spur.  Mein Elternhaus ist es, wie ich hoffte, jedenfalls nach den vorliegenden Bauplänen nicht. Es war ja auch die jüngste Töchter des Traugott Haag, Bruder des Emil Haag, die um 1900 dort noch Eigentümerin war. Bei den vielen Kindern, die die Familien damals zählten, hat sicher jede Familie ein eigenes Haus gebraucht.

 

In den Jahren zwischen der Errichtung des Wohnhauses und der Porzellanfabrik war Emil Haag auch nicht untätig, er stellte den Bauantrag für den Bau einer Holzremise (1871), eines Backofens im Mahlmühlengebäude zu Ascherbach (1877) und beantragte die Versetzung einer Wand zum Mahlraum (1880).

 

Daraus geht jetzt natürlich auch zweifelsfrei hervor, dass im Eigentum der Familie Haag eine Mahlmühle im Ascherbach stand (Grundriss anbei).

 

 

Und nun halten Sie sich fest, liebe Leser. die Porzellanfabrik des Emil Haag in Lichte bei Wallendorf war ein An- und Umbau an der bestehenden Mühle im Ascherbach (Haus im Vordergrund).

 

  

Und da können Sie sie nun sehen:

 

die Porzellanfabrik des Emil Haag,

 

ein wirklich imposanter Bau für seine Zeit.

 

 

Aus dem Adressbuch der Keramischen Industrie von 1883, aus welchem mir von einem Leser  dankenswerter Weise ein Auszug zugegangen ist,  geht hervor , dass im Jahre 1883 die seit 1882 in dieser Form bestehende Porzellanfabrik Emil Haag in Lichte  mit eigener Malerei, in der 50 Arbeiter beschäftigt waren,  bestanden hat und Emil Haag der Inhaber war.

 

So hat Emil Haag also nicht nur die Malerei Carl Haag's Söhne fortgeführt, wie ich bislang glaubte, sondern sogar eine Haag''sche Porzellanfabrik in Lichte unter seinem Namen gegründet.

 

Zu den Fabrikaten der Haag''schen Porzellanfabrik in Lichte zählten 1883:

 

Figuren, insbesondere Biscuit-Figuren, Vasen, Thiere, Leuchter, Kinderservices usw.

 

Die Fabrik hatte Niederlassungen in Berlin , Hamburg und Paris und war auch zur Messe in Leipzig vertreten.

 

 

1885: Zeitschrift für bildende Kunst:

 

Der Fabrikant Emil Haag in Lichte (Thüringen) hat ein Verfahren erfunden, Porzellan mit Wollstaub zu verzieren.

 

Es ist tatsächlich einem ebayer gelungen, die diesbezügliche Patentschrift ausfindig zu machen.

 

Was ist mit der Haag 'schen Porzellanfabrik des Emil Haag geschehen??

 

Bereits im Jahre 1884, das heißt, bereits zwei Jahre nach deren Gründung, scheint diese an die Porzellanfabrik Heubach verkauft worden zu sein, denn er heißt:

 

"Eine wesentliche Vergrößerung erfährt der Betrieb (der Heubachschen Porzellanfabrik) durch den Erwerb der "Haags Fabrik" im Jahre 1884..."

 

Bisher war ich zurückhaltend, denn das Manuskript des Albert Brödel, aus dem der Sohn Wolfgang Brödel 50 Jahre nach dem Tode seines Vaters diesen Satz formte, enthält lediglich die Worte 1883/1884: Haags Fabrik, aber doch in Verbindung mit anderen Erweiterungen und Modernisierungen. Immerhin war es bisher eine Hoffnung ohne zu wissen, ob es sie tatsächlich gegeben hat, die "Haags Fabrik". 

 

Aber nun wissen wir es , es hat sie tatsächlich gegeben - die Haag 'sche Fabrik in Lichte. 

 

 

Vorstehend noch eine Fundstelle aus der hervorgeht, dass der Fabrikant Emil Haag aus Lichte und Therese Deible 1864 eine Offene Handelsgesellschaft unter der Firma "Deible & Haag" mit Sitz in München gegründet haben.

 

 

Ausgewandert ist Emil Haag jedenfalls nicht, die Auswanderungen können online eingesehen werden und das habe ich für Sie getan. Nur eine Person aus der Familie Haag ist ausgewandert und das ist die ledige Ottilie Christiane Haag aus Neuhaus und zwar im Jahre 1860..Dafür sind eine ganze Reihe Mitglieder der Familie Heubach ausgewandert.

 

Nun, das waren die Neuigkeiten, die ich Ihnen berichten konnte und ich hoffe, Sie sind genauso glücklich, wie ich es bin...

 

Ihre Porzelline de Dietrich

 

 

P.S.

Wie ein Pfeiffenkopf aus dieser Zeit aussieht, können Sie nachfolgend sehen.  

 

Damit war allerdings meine Sammlerleidenschaft hinsichtlich Pfeifen erschöpft, ihre Reinigung heftig aufwendig, Tabakreste aus dem 18. Jahrhundert... Ganz davon zu schweigen, was beispielweise ein Pfeifenkopf aus den Nathusius -Werkstätten bei Althaldensleben/Hundisburg kostet. Ich möchte diese jedoch erwähnen, da mein Urururgroßvater (Friedrich Heinrich Koge, geboren um 1820) von dort stammt und er vermutlich dort gearbeitet und vielleicht auch Pfeifenköpfe hergestellt/bemalt hat. Näheres hierzu erfahren Sie auf der Koge - Page.

In der Porzellanfabrik Nathusius in Althaldensleben wurden natürlich auch Pfeifenköpfe hergestellt. Es könnte sein, dass der nachstehende Pfeifenkopf bzw. die gesamte Pfeife dort gefertigt wurde; die Strichmarke wäre als erhabenes Porzellan vorhanden (siehe Foto).

 

Nach dem Experten für das Althaldenlebener Porzellan und Verfasser des Buches "Haldensleber Porzellangeschichte (n)", Ulrich Hauer, sollten die Pfeifenköpfe mit einem Strich in Unterglasurblau gemarkt sein, so dass es wohl eher Wunschdenken meinerseits ist, einen Pfeifenkopf aus der Porzellanfabrik von Nathusius gefunden zu haben...

 

Der linke Pfeiffenkopf wurde in der Porzellanfabrik von C.M. Hutschenreuther in Hohenberg an der Eger gefertigt und in Lupenmalerei handbemalt.

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