Mode aus sechs Jahrhunderten

               Porzellan - Geschichte(n)

 

Da bin ich wieder für Sie, Ihre Porzellan-Reporterin

 de  K o g e n 's  Sylvia,

mit meinen Geschichten rund um's Porzellan.


Die Figurenserie der Fraureuther Kunstabteilung in Wallendorf: "Mode aus sechs Jahrhunderten"

 

Die Mode der Jahre 1400 bis 1922 wird in 14 Figuren bzw. Figurengruppen der Kunstabteilung Fraureuth dargestellt, die in der Zeit zwischen 1920 und 1926 in Wallendorf entstanden, wohin die Fraureuth AG ihre Kunstabteilung verlegt hatte.

 

Das Jahr, aus der die Mode stammt, ist jeweils auf dem Sockel der Figuren vermerkt.

 

Diesen Artikel haben Sie, liebe Leser, der Anfrage eines Sammlers aus Berlin nach Informationen über die nachfolgende Figur zu verdanken.

In der vorhandenen Literatur "Wachgeküsst" von Susanne Fraas ist zu dieser Figur folgendes geschrieben.
"In der Mode des Paares wird der wachsende Einfluss Spaniens um 1600 sichtbar. Die Dame trägt das hochgeschlossene, strenge, steife Kleid mit reichen Puffärmeln, der Kavalier eine enggeschnittene Kniehose, einen mit Pelz verbrämten Überrock und Halskrause. Dies war die französisch beeinflusste Hoftracht."

 

 

Die Idee, eine solche Figurenserie herzustellen, muss schon am Standort Fraureuth entstanden sein, denn diese Figurenserie wurde bereits in Werbeanzeigen der Kunstabteilung Fraureuth um 1920 angekündigt, wie man aus der nebenstehenden Werbeschrift ersehen kann.

 

Es scheint sich um ein längerfristiges Projekt gehandelt zu haben, das nach und nach durch die Künstler der  Eigenen Werkstatt  E.W. (mehr dazu auf meiner gleichnamigen Seite) in die Tat umgesetzt wurde. Den größten Anteil der künstlerischen Arbeit daran soll, wie man vermutet, weil sich auf dem Boden einer der Figuren ein "B" gefunden hat, Paul Berwinsky sen. geleistet haben, wobei ihm auch sein Sohn Paul Berwinsky jun. zur Seite gestanden haben könnte.

 

Wie ich annehme, wird in er einschlägigen Literatur Berwinsky jun. mit seinem Vater verwechselt, ich stelle daher nachfolgende Fotos ein (links der Vater in mittleren Jahren, rechts der Sohn in mittleren Jahren), die Aufnahmen oben außen wohl aus dem Jahre 1919 und unten wohl aus dem Jahre 1926.

 

 

Und nun möchte ich Ihnen diese Figuren nach und nach vorstellen, sobald ich von Sammlern Fotos erhalte. Ich würde mich freuen, wenn Sie mich dabei unterstützen.

 

Die Fotos mit rotem Hintergrund hat mir der Fraureuther Porzellanverein zur Verfügung gestellt, bei dem ich mich herzlich bedanken möchte. Diese Figuren sollten Sie sich natürlich in natura in Fraureuth in der Ausstellung direkt anschauen, der Verein hat inzwischen auch einen schönen Internetauftritt. Über meinen Besuch dort gibt es auch etwas zu lesen, bitte anklicken.

 

 

Die Figur für das Jahr 1400

Bei der Figur für das Jahr 1400 handelt es sich um ein Fürstenpaar in ihrer für die Zeit typischen Tracht mit den Adelszeichen; den Hermelinschwänzen an der Kleidung und den Jagdfalken auf den Händen. Das Paar steht auf einem mehreckigen Sockel vor dem Hintergrund eines Bogens. Rechts und links des Bogens sitzen Tierchen auf kleinen Absätzen, die ein Wappenschild in den Pfoten halten.

Nachfolgend eine äußerst seltene farbige Ausführung des Figurenpaares des Jahres 1400

 

Eine neue Figur wurde nun entdeckt. Es handelt sich um die Figurengruppe mit der Jahreszahl 1850; wir befinden uns im Zeitalter des Biedermeier. Die Figurengruppe zeigt die Damen-, Herren- und Kindermode zu dieser Zeit.

 

Man vermutet, wie ich oben bereits erwähnt habe, dass die Schöpfer dieser Gruppe die Modelleure Berwinsky waren, Paul Berwinsky senior oder junior.

 

Von dieser Figurengruppe gibt es mehrere Dekorvarianten; die unten in der Dreiergruppe von Figuren in der Mitte abgebildete farbige Variante ist für das Jahr 1922 belegt, die rechte Gruppe ist sparsamer und vor allem in Goldmalerei dekoriert. Die vorliegende Figur ist nicht farblich staffiert.

 

 

Dass ich Ihnen auf meiner Webseite diese Figurenserie der Fraureuther Kunstabteilung in Wallendorf noch nicht vorgestellt habe, liegt vielleicht daran, dass ich in dieser Figurenserie nicht das Besondere, die neuen künstlerischen Formen und den Farbenreichtum, den neuen Schwung, die neue künstlerische Freiheit der Werke der Kunstabteilung Fraureuth in Wallendorf widergespiegelt sehe. Aber hohe Kunst der Porzellanausformung, der detailgetreuen Wiedergabe der Mode ist es ohne jede Frage.

 

Um 1930 gab es jedoch einen von dieser Figurenserie Begeisterten , Dr. Egbert Delpy, der in der Zeitschrift "Kunst und Gewerbe" einen Artikel veröffentlichte, als diese Figurenserie auf der Schau Deutscher Erden in Dresden vorgestellt wurde. Hier für alle Begeisterten unter den Lesern der Webseite Auszüge aus seiner Einschätzung:

 

 "Diese Fraureuther Kostümgeschichte beweist ...dass selbst die reine weiße schimmernde Porzellanfläche allein imstande ist, den Charakter und Charme eines Kostümes in allen seinen Wandlungen aufs zarteste und sicherste wiederzugeben...Der wahrhaft bezaubernde malerische Gesamteindruck aller Gruppen beruht zum großen Teil auf der ... Ruhe dieses natürlich schimmernden Porzellantons. Zum anderen ... auf dem geschickten Aufbau der Einzelgruppen, die den fesselndsten Reichtum wechselnder Bewegungsmotive entfaltet. ...

Er zeigt elegante Menschen in einer für die Zeit und das Kostüm möglichst charakteristischen Beschäftigung. ... Knappe Andeutungen des Zeitmillieus treten in architektonischen Stützen höchst malerisch hinzu... So kommt es, dass diese Gruppen nicht als kostümierte Puppen wirken ... sondern mitten aus ihrer Zeit herausgenommen erscheinen..."

 

Mit dieser schwärmerischen Einschätzung verbleibe ich

Ihre Figurine de Dietrich

 

Hier die Figur mit der Jahreszahl 1450

 

Diese wird in das Jahr 1922 datiert,  da eine Werbeanzeige in der Zeitschrift "Die Woche" vom  09.12.1922 gefunden wurde. Sie wird Paul Berwinsky sen. zugeschrieben. Frau Fraas schreibt dazu , dass uns diese Figur die  Auswüchse der Glöckchen- und Zoddeltracht verdeutlicht, die in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts gern getragen wurde.