Wallendorfer Musterzimmer

               Porzellan - Geschichte(n)

 

Da bin ich wieder für Sie, Ihre Porzellan-Reporterin

 de  K o g e n 's  Sylvia,

mit meinen Geschichten rund um's Porzellan.


Das Musterzimmer der Wallendorfer Porzellanmanufaktur

Das Wallendorfer Musterzimmer

Das Wallendorfer Kulturhaus

 

Wie es scheint, haben Verkäufer in den Medien gerade eine völlig falsche Vorstellung, was unter dem "Wallendorfer Musterzimmer" eigentlich zu verstehen ist.

 

Sie bieten Stücke an, die Arbeitsmuster, Arbeitsvorlagen gewesen sein könnten, unvollständige, ungemarkte Produkte aus den stillgelegten Abteilungen von minderer Qualität, jedenfalls Porzellane, die das Musterzimmer niemals gesehen haben und dort auch nicht aufgenommen worden wären.

 

In den letzten Jahren des vermeintlichen Bestehens der Wallendorfer Porzellanmanufaktur wurde lediglich der gute Name unseres Ortes und des traditionsreichen Wallendorfer Porzellans dafür ausgenutzt, um Porzellane zu verkaufen, die weder von Wallendorfer Porzellinern entworfen, noch modelliert, noch gebrannt, noch glasiert, noch staffiert und auch nicht in Wallendorf hergestellt wurden und es daher mitnichten verdienen als Wallendorfer Porzellan bezeichnet und gehandelt zu werden, ganz zu schweigen davon, dass die betreibende Firma nicht einmal mehr die Markenrechte besaß und die Marke Wallendorfer Porzellan daher auch nicht mehr verwenden durfte. Ungemarkte Porzellane sollten daher auf keinen Fall als Wallendorfer Porzellan angeboten werden.

 

Das Musterzimmer der Wallendorfer Porzellanmanufaktur  

 

war ursprünglich im altehrwürdigen Herrenhaus untergebracht. Als das Kulturhaus in Wallendorf erbaut worden war, befand sich das Musterzimmer  in der oberen Etage des Kulturhauses. Die nachfolgenden Fotos sind diejenigen vom Musterzimmer im Wallendorfer Kulturhaus.

Kulturhaus der Wallendorfer Porzellanfabrik

 

Unser Kulturhaus in Wallendorf, bei dessen Erbauung auch die Fabrikarbeiter mithalfen, war ein wunderbarer Ort geschäftigen Treibens, an den man sich gern zurück erinnert. Im Gebäudekomplex waren auch der Betriebsarzt und die Mittagsversorgung der Porzelliner untergebracht, die auch von der Schülern der Polytechnischen Oberschule "Wilhelm Pieck" Lichte, unserer Grundschule also, zum Mittagessen genutzt werden konnte; den sogenannten Mittagsschülern. Die metallenen Schriftzeichen für die Fassade des Schulgebäudes "Wilhelm Pieck Oberschule Lichte" haben wird als Schüler im Werkunterricht selbst gefeilt...

 

Man saß zu Mittag an den Tischen im großen Saal des Kulturhauses (wie auf dem Foto unten zu sehen ist), in dem ab und an auch Veranstaltungen organisiert wurden, wie die Feier und Ausstellung zum 200jährigen Jubiläum der Wallendorfer Porzellanfabrik im Jahre 1964, wie unsere Abiturfeiern und auch Konzerte, wie die der Akkordeongruppe, und natürlich unsere geliebten Tanzveranstaltungen. Während der Veranstaltungen wurde auch eine kleiner Ausschank von Getränken, eine Bar, betrieben und unser Dank gilt noch heute den unermüdlichen fleißigen Betreiben der Bar, Reinhold Günsch und seiner Frau Renate, die sonst als Porzelliner der Fabrik arbeiteten. Leider sind beide inzwischen verstorben, Renate Günsch geb. Schmidt, geb. 1944, schon im Jahre 2008 und Reinhold Günsch, geb. 1941, im November 2022. Sie werden uns allen unvergessen bleiben.

 

 

Das Wallendorfer Musterzimmer war der heilige Gral, zu dem kaum ein normaler Mensch Zutritt hatte. Das Wallendorfer  Musterzimmer war die Sammlung der exklusivsten Stücke Wallendorfer Porzellans. Von jeder Figur, jeder Modellnummer, in jeder Größe und Farbgestaltung wurde ein einwandfreies Exemplar allererster Güte zur Ansicht ausgestellt, um es Kunden und Gästen zu präsentieren.  

 
Während der Hillebrandschen Baujahre wurden die Wallendorfer Büromitarbeiter  ins Musterzimmer des  Kulturhauses umgesetzt.
In diese Zeit fällt ein schwerer, wohl nie aufgeklärter Einbruchsdiebstahl, bei dem unter anderen auch wertvolle alte Porzellane verschwunden sind; der Rest der Porzellane aus dem Musterzimmer wurde dann eingelagert. 
Wo die eingelagerten Porzellane verblieben sind, wurde nicht verlautbart. In der neuen Hillebrandschen Fabrik sind sie jedenfalls nicht wieder aufgetaucht.
In der neuen Hillebrandschen Fabrik gab es auch kein offizielles Musterzimmer, lediglich Arbeitsmuster standen in der Malerei in einer Schrankwand. 
 
Im neuen Verkaufsraum der Hillebrandschen Fabrik, den man nachfolgend sehen kann, wurden nur Porzellane gezeigt, die im aktuellen Produktionsprogramm vorhanden waren, also keine älteren Exponate.

 

Wo sind all die Exponate geblieben??

 

Eines Tages habe ich einen Verkäufer, der Stücke aus dem ehemaligen Musterzimmer verkauft hat, gefragt, wie er in den Besitz der Stücke gekommen ist und folgende traurige Geschichte erfahren, die mich lange berührt hat:
"Es gab eine Händlerin, die mit gut einem Dutzend Kollegen nach dem Aus der Manufaktur zunächst das Musterzimmer und dann andere "lohnende" Bereiche aufgelöst hat. Wertvolle, teilweise einzigartige Stücke wurden hastig zusammengepackt, jeder wollte ein Stück vom Kuchen abhaben. Leider ist dabei auch Einiges zu Bruch gegangen.
Im Wesentlichen ist die Sammlung auseinandergerissen und verteilt worden. Man kann davon ausgehen, dass das Meiste auf Flohmärkten im gesamten Bundesgebiet gelandet ist. Manchmal tauchen auch tief im Westen einige seltene Stücke auf, was dafür spricht..." das waren seine wortwörtlichen Informationen.
Dies muss im Jahre 2015 gewesen sein, denn im Januar 2015 hatte ich aus dem Büro des Insolvenzverwalters erfahren, dass die Ausstellungsstücke gerade nach einem Rechtsstreit zur Verwertung freigegeben waren und erworben werden konnten. Leider ist es mir damals nicht gelungen, an den Verantwortlichen in dieser Sache irgendwie heranzukommen, um die Sammlung für den Ort und die Nachwelt zu erhalten, was wohl auch nicht gewollt war.
 
Nun ist es leider zu spät und wir können nur hoffen, das eine oder andere Stück, das tatsächlich aus dem Wallendorfer Musterzimmer stammt, wieder aufzuspüren...Und man sollte schon überlegen, von wem man kauft, nicht, dass man am Ende noch Diebesgut erwirbt.

 

Hier noch Fotos vom letzten Verkaufsraum am Ende der Fabrik für den Insolvenzverkauf.