Balduin Haag

               Porzellan - Geschichte(n)

 

Da bin ich wieder für Sie, Ihre Porzellan-Reporterin

 de  K o g e n 's  Sylvia,

mit meinen Geschichten rund um's Porzellan.


Haag-Hype oder Hommage für den Modelleur und Fotografen Balduin Haag

 

Die Einen nennen es amüsiert oder auch in liebevoller Art "Haag-Hype" und wundern sich, selbst noch nicht auf diese Idee gekommen, warum den Anderen auf einmal nichts wichtiger im Leben erscheint, als sich auf die Suche nach den Spuren ihrer Väter zu begeben.

 

Doch irgendwann wird jeder in seinem Leben einmal an diesem Punkt ankommen, wo er mehr über sein Vorfahren wissen möchte. Sei es um herauszufinden, wer er ist oder wer er nicht geworden ist im Leben, warum er an seinem Geburtsort hängengeblieben ist oder es ihn woandershin verschlagen hat. Oder einfach nur, weil ihm die Zeugnisse der Geschichte auf wundersame Weise zu einem Zeitpunkt in die Hände gelangt sind, zu dem er sie nicht mehr weglegen konnte.

 

So haben sich zwei Menschen getrennt voneinander auf die Suche nach den Spuren der Familie des Johann Jakob Heinrich Haag in Lichte und der Familie seines Enkelsohnes, Balduin Haag in Hohenberg an der Eger gemacht.

 

Er, ein Nachfahre des Balduin Haag, Michael Zürner aus Hohenberg an der Eger, Sohn der Gerda Zeitler-Zürner, diese Tochter des Adolf Zeitler, dieser Sohn der Mathilde Zeitler geb. Haag, diese Tochter des Hugo Haag, jüngster Sohn des Balduin Haag.

 

Und Sie, Erben- und Porzellanforscherin, Tochter der Porzellinerfamilie Koge in dem Orte Lichte/Wallendorf in Thüringen, in dem die Porzellinerfamilie des Johann Jakob Heinrich Haag ihren Ursprung hatte.

 

Friedrich Haag, einer der Stammhalter des Johann Jakob Heinrich Haag war  Porzellanmaler und Fotograf, wurde bei der Trauung seines 1. Sohnes im Jahre 1857 auch "Fritz" genannt. Und dieser 1. Sohn war niemand Anderes als

Balduin Haag,

der in Hohenberg an der Eger als Modelleur und Fotograf bekannt wurde. Dort hat er im August 1857 Margarete Marie Wagner, die Tochter des Porzellandrehers Georg Wagner, geheiratet.

 

Und noch etwas hatte sie dank Internet in Erfahrung gebracht. Es existierte ein Schriftstück aus dem Jahre 1855, das in einem Hohenberger Privathaus gefunden wurde, der Arbeitsvertrag zwischen dem Modelleur Balduin Haag und der Porzellanfabrik C.M. Hutschenreuther in Hohenberg an der Eger, den sie in ihre Webseite aufnahm und der ihr Schicksal bestimmen sollte. Sie erfuhr auch, dass Balduin Haag bei C.M.  Hutschenreuther die früher sehr beliebten Lithophanien (Lichtbilder) aus Porzellan fertigte und dass er darüber hinaus der erste Fotograf der Gegend war. Seine Kamera transportierte er wegen der Schwere auf einem mit zwei Ziegen bespannten Wagen, wie es hieß.

 

Contract

 

Zwischen der Porzellanfabrik C. M. Hutschenreuther hier und dem Modelleur und Maler Herrn Balduin Haag aus Lichte in Schwarzburg-Rudolstadt kam heute nachstehender Contrakt zu Stande.

  1. die benannte Porzellanfabrik engagiert genannten Herrn Haag als Modelleur für Lichtbilder zu dem monatlichen Salaire von Vierzig Gulden,
  2. die stipulierte Summe von f 40.— soll, wenn sich die Anstalt mit seinem Fleiß und Leistungen zufrieden gestellt sieht, erhöht werden, darüber behält sich jedoch die Fabrik ihre eigenen Bestimmungen ausdrücklich vor,
  3. die Zeit, in welcher sich Herr Haag für die Fabrik zu beschäftigen hat, ist in den Wintermonaten von Morgens bis Abends, so lange man sehen kann; in jenen Monaten aber, wo die Tage sich verlängern, von Morgens sechs Uhr bis Abends sieben Uhr, mit einer Mittagszeit von einer Stunde festgesetzt,
  4. Herr Haag verpflichtet sich auf sein Gewissen und Ehrenwort, keinen Missbrauch von den angefertigten Modellen, sei es mit wem es wolle, ob es der Fabrik zum Nachteil gereiche oder nicht, treiben oder verüben zu wollen und begibt sich genannter Herr Haag für einen jeden solchen Fall, wenn er ihm nachgewiesen werden kann, nicht nur in eine Conventionalstrafe von Fünfzig Gulden, sondern es soll der Fabrik noch außerdem freistehen, gerichtliche Verfolgungen gegen ihn anzustellen,
  5. die Kündigung dieses Contrakts soll zwei volle Monate vorher geschehen und hört nach Verlauf dieser Frist erst die Verbindlichkeit gegenseitig auf. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass, sollten später sich noch Veruntreuungen des Herrn Haag herausstellen, solche nicht noch eben erwähnte Strafe und Verfolgungen nach sich ziehen können. — Vorstehender Vertrag wurde wohl überlegt und ohne Zwang und Überredung ausgefertigt und beiden Theilen je ein Exemplar zum Gebrauch überlassen und dasselbe laut Unterschrift bestätigt.
Hohenberg, den 5 Januar 1855. ppa. C. M. Hutschenreuther / Eichel, Balduin Haag
(Anmerkung: Sollte das Einspielen dieses Dokuments in Original und Übersetzung nicht erlaubt sein, wird es nach Aufforderung sofort herausgenommen, die Familie Zürner hat jedenfalls aktuell Erlaubnis erteilt)

 

An dieser Stelle endete die Geschichte auf ihrer Webseite "lichteramporzellanhimmel" und an dieser Stelle begann seine Geschichte auf seiner Webseite www.mizter-photo.com, die sie durch Zufall entdeckte. Aber zu weit lagen die Interessen auseinander, er, selbst Hobby-Fotograf, der sich für die Fotografie des Balduin Haag und dessen Kamera begeisterte und sie, die die Erbfolge ergründen wollte und begeistert war, das sie tatsächlich einen der Haags, den Balduin Haag, zu Gesicht bekam und seinen mit Ziegen bespannten Wagen. Wer ihn auch sehen möchte, schaue bitte auf die genannte Webseite des Michael Zürner. 

 

 

 

 

Auch eine von ihr am Heimatort zu Ostern 2016 gefundene Aufnahme der Familie des Balduin Haag aus dem Jahre 1866, aufgenommen in Hohenberg, sicher von dem Vater Friedrich Haag aus Lichte gefertigt, konnte ihn nicht aus der Reserve locken.

 

Da musste das Schicksal erst noch den Vater des Michael in die Waagschale des Lebens werfen, um die Verbindung zwischen Ost und West, Nord und Süd zu knüpfen. Ein Gleichaltriger, auch einer von "zwischen den Zeiten", ein liebevoller Balduin-Hype-Vertreter, Johannes Zürner. Dank seiner Unterstützung und mit Zustimmung seines Sohnes Michael geht es mit der Erforschung der Familie Haag nun auf ihrer/meiner Webseite weiter.

 

Da wären erst einmal die Namen der Kinder von Balduin Haag, die auf dem Foto zu sehen sind: Heinrich Haag, Agatha Haag, Bianka Haag, Mathilde Haag, Margaretha Haag und Friedrich Haag sowie die später geborenen Kinder Elise Haag und Hugo Haag. Alle haben mit ihren Geburtsdaten in meinen Stammbaum des Johannn Jakob Heinrich Haag Aufnahme gefunden. Nachfolgend sind deren Geburtsdaten und die bei der Geburt anwesenden Paten, bei denen auch Mitglieder der Familie Haag auftauchen, von der Familie Zeitler-Zürner überliefert, aufgeführt.

 

Wie aus dem nachfolgenden Heimatschein hervorgeht, bekam die Familie des Balduin Haag erst im Jahre 1868 das Heimatrecht für Hohenberg als bereits sechs der Kinder geboren waren. 

 

Balduin Haag war, wie ich Ihnen bereits berichtet habe, neben seiner Tätigkeit als Modelleur in der Porzellanfabrik von C.M. Hutschenreuther auch einer der bekanntesten Hobby-Fotografen seiner Zeit und an seinem Orte Hohenberg an der Eger. Und wie wir den nachfolgenden Fotos entnehmen können, die neuerlich aufgetaucht sind, hat er auch musiziert und ist zur Jagd gegangen.

 

Nachfolgend Nachweise für das von ihm betriebene Foto-Atelier und den Verlag.

In der Mitte eine ganze besondere Porzellanplatte mit Signatur: Balduin Haag gemalt von Oskar Dietrich aus Lichte ohne Bodenmarke von Hutschenreuther, so dass ich einmal davon ausgehe, dass diese Porzellanplatte in der Malerei Haag in Lichte gefertigt wurde.

 

 

Wie Sie auf der Webseite www.mizter-photo.com erfahren konnten, ist es ihm, dem Nachfahren von Balduin Haag, dem Hobby-Fotografen Michael Zürner gelungen, die alte Kamera von Balduin Haag wieder in Gang zu bekommen. Alles funktioniert, sowohl die Kamera, als auch die Technik, die alten Glasplatten von Balduin Haag, die im Hause Haag-Zeitler-Zürner die neue Zeit überdauert haben, zu beschichten. Einen kleinen Einblick davon erhalten Sie ja schon auf der vorgenannten Website.

 

Die Bemühungen um die Bewahrung und Aufarbeitung des fotografischen Nachlasses von Balduin Haag gipfelt nun in einer Ausstellung, die ich Ihnen heute ankündigen darf, nachdem ich selbst auf wundersame Weise gerade erst, aber noch rechtzeitig davon erfahren habe.

 

Die Ausstellung, die in Kooperation mit dem Hohenberger Stadtarchiv organisiert wurde, wurde am 30.6.2017 um 17,00  Uhr im Vortragssaal des Ärztehauses in Hohenberg an der Eger eröffnet. Zu sehen sind Aufnahmen, die von Balduin Haag selbst gemacht wurden; es handelt sich sowohl um Originale Glasplattennegative aus dem Bestand von Michael Zürner, die vom Archiv digitalisiert wurden, als auch um Aufnahmen, die im Archiv bereits als Positive vorlagen. Am Tag der Eröffnung, zu der ich auch zugegen war, gab Michael Zürner mit seinem Vortrag eine kurze Einführung und stand im Anschluss auch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung stehen. Nun bleibt mir nur noch, den Organisatoren für diese Ausstellung meinen Dank zusagen und allen Besuchern viel Freude und anregende und bleibende Eindrücke zu wünschen. 

 

Nachfolgend noch das Haus des Balduin Haag in Hohenberg an der Eger gestern und heute und heute mit der Technik von gestern.

Balduin Haag hatte einen Bruder namens Albinus Haag, er war auch Pate bei der Geburt seines ersten Sohnes Heinrich. Sowohl der Vater von Balduin Haag, Friedrich Haag, als auch der Bruder von Balduin Haag, Markus Haag, wurden als Fotografen in den Büchern bezeichnet, da liegt es ja nahe, dass der Sohn Albinus Haag auch Fotograf war, eine Porzellanmalers -Modelleurs und Fotografenfamilie eben. Albinus war auch bei einer anderen Geburt Pate, bei dem Sohn von Louise Haag, so dass diese vermutlich auch eine Schwester von Balduin Haag und Albinus Haag war. Vielleicht war "Alb" ja sein Spitzname.
Und dies war die Vorgeschichte für einen neuen Fund im Hause Haag-Zeitler-Zürner, den sie nachfolgend sehen können.

Entwicklerschale aus gebranntem und glasiertem Ton mit der Aufschrift Alb Haag Photograph

 

Im Nachgang noch Beispiele für Lithophanien:

 

Im Hause Haag-Zeitler-Zürner haben sich noch mindestens 10 weitere Lithophanien-Platten angefunden, die wir später bestimmt noch bewundern dürfen, hier erst einmal eine davon.

 

Die dann folgende erste Lampe stammt von C.M Hutschenreuther, die zweite Lampe  von Schierholz Plaue.

 

Am Ende meines Blogs aber noch längst nicht am Ende der Suche angekommen kann man es wohl nicht trefflicher formulieren als mit Goethes Worten aus Iphigenie, die mir ein von meiner Webseite begeisterter Leser übermittelt hat:

 

"Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt, der froh von ihren Taten, ihrem Leben den Hörer unterhält und, still sich freuend, am Ende einer schönen Kette sich geschlossen sieht"

 

Einen herzlichen Dank an Hannes Zürner für seine Unterstützung in Zeiten, in denen das Leben es ihm nicht gerade leicht macht...
Ihre Forscherin

Sylvia Dietrich geb. Koge