Wallendorfer Weihnachtsteller

               Porzellan - Geschichte(n)

 

Da bin ich wieder für Sie, Ihre Porzellan-Reporterin

 de  K o g e n 's  Sylvia,

mit meinen Geschichten rund um's Porzellan.


Liebe Leser,

 

nun befinden wir uns mitten in der immer etwas zu geschäftigen Advents- und Weihnachtszeit. Und in diesem Jahr kann ich rechtzeitig mit einem Weihnachtsgeschenk für Sie aufwarten, einen Weihnachtsteller aus dem Jahre 1921 mit einem der schönsten Weihnachtsmotive auf Fraureuther Porzellan. Nach Verlegung der Kunstabteilung von Fraureuth nach Wallendorf im Jahre 1919 sollte der Teller für das Jahr 1921 wohl in Wallendorf hergestellt worden sein.

 

 

Die Tradition der Porzellanfabriken in jedem Jahr anlässlich des Weihnachtsfestes Weihnachtsteller zu produzieren, anzubieten und die Tradition der Porzellanliebhaber, diese zu sammeln, begann um die Jahrhundertwende, um 1900. Als Vorreiter wird die Königliche Porzellanmanufaktur Kopenhagen gesehen und nach und nach folgten ihr auch die Porzellanfabriken Rosenthal, die KPM Berlin, Meissen und andere.

 

Nach kurzer Recherche im Internet lässt sich der früheste Weihnachsteller für Kopenhagen in das Jahr 1900, für Rosenthal in das Jahr 1910 ("Winderfriede" von Julius von Guldbrandsen) und  1913 "Festlichter" von Prof. Julius Dierz), Meissen ebenso in das Jahr 1910 (Stern von Bethlehem) und für die KPM in das Jahr 1916 (Soldat zu Pferde) datieren.

 

Die Porzellanfabrik Fraureuth AG begann mit der Fertigung der Weinachtsteller in kobaltblauer Unterglasurfarbe im Jahre 1915, als dort auch die Kunstabteilung gegründet wurde. Betraut waren damit die Porzellanmaler bzw. Künstler der Abteilung Unterglasur, wie Clemens Seidel, Max Münch und Ernst Müller. Nach Verlegung der Kunstabteilung von Fraureuth nach Wallendorf im Jahre 1919 sollte der Teller für das Jahr 1921 wohl in Wallendorf hergestellt worden sein.

 

Auch im Zierporzellanwerk Lichte/Wallendorf hat man sich jedes Jahr rechtzeitig Gedanken gemacht, wie man seine Kunden zu Weihnachten glücklich machen kann. Seit 1970 waren es

die Weihnachtsteller in kobaltblau, jedes Jahr mit einem neuen Motiv liebevoll gestaltet, die das Highlight zum Fest darstellten.

 

Wer der Gestalter der Teller war, ist immer etwas im Verborgenen geblieben, wie es der in der Region üblichen Bescheidenheit der Porzelliner entsprach.

 

Es war, wie ich es auch gerade erst erfahren habe, der Dekorgestalter, Designer und Maler Gerhard Nussmann aus Steinheid.

 

Hier nun die Weihnachsteller aus über vier Jahrzehnten. Und wenn Sie ein bisschen mehr darüber erfahren möchten, dann lesen Sie doch einfach den beigefügten und jetzt auch nachfolgend im Wortlaut wiedergegebenen Zeitungsartikel.

 

Ihre Weihnachtsfee.

 

Wallendorfer Weihnachtsteller

Ein sich jährlich mehrender Schatz

 

Er besitzt sie alle. Fein verpackt in einer großen Kiste. Stück für Stück eingewickelt in braunes Seidenpapier. Sie zeugen trotz der Stille, die um sie herrscht, von mehr als vier Jahrzehnten Traditionen und Entwicklung. Die Weihnachtsteller, die in der Zeit von 1970-2011 Jahr für Jahr die Produktionsstätten der vereinigten Zierporzellanwerke Lichte verlassen haben. Sie alle tragen stets die gleiche kobaltblaue Farbe und immer eine Handschrift, die des Porzellanmalers und -designers Gerhard Nußmann.

 

Damals 23jährig, regt er nach der Rückkehr von der Ingenieurschule für Keramik die Produktion von Weihnachtstellern in Wallendorf an. Schließlich hatten andere Porzellanfabriken eigens dafür Künstler engagiert. Auch in Meißen war das so. Die Idee fand Gehör, die Gerhard Nußmannn bis 2011 begleitete. Niemand wusste davon. Im thüringischen Unternehmen war es nicht üblich, dass diese begehrten Sammelobjekte signiert wurden, so wie in anderen. Und der Steinheider machte kein Aufsehen darum. Stattdessen lieferte er neben all seiner anderen Arbeit über die Jahre wieder und wieder neue Entwürfe. In der Regel drei verschiedene legte er zur Auswahl vor. „Für die insgesamt 42 umgesetzten Motive habe ich insgesamt 120 Entwürfe angefertigt“, staunt er selbst. Diese waren oft ein Mix aus Realität und Fiktion, wobei er gern geeignete Bauwerke auf den 19 cm großen Tellern wiederkehren ließ, besondere Momente verewigte oder winterlich weihnachtliche Stimmungen auf das weiß Rund zauberte. Ein ganzes Archiv an Weihnachtsmotiven hat er sich auch dafür im Laufe der Zeit angelegt, die ihm für kommende Motive als Modell dienen konnten. Anfangs hat er seine Vorstellungen noch als Entwurf per Hand direkt auf das unberührte Porzellan übertragen. Später dann als Entwurfsskizze auf Papier. Davon fertigte er nach Abstimmung und etwaigen Änderungen eine Reinzeichnung 1:1, die dann in den Druck nach Leipzig oder Saalfeld ging. Von dort kehrten 6000 Auflagen als Abziehbild zurück. Denn nur so viele Teller waren es, die jährlich produziert und in den Verkauf gekommen sind. Entweder mit einem ländlichen Motiv, einem Stadt, Tier- oder Kindermotiv im Wechsel. Von fingerfertigen Damen, bei denen jeder Handgriff saß, sind die nassen Schiebebilder auf die vorgewärmten Teller gezogen worden. Etwaige Falten in der äußerst geschmeidigen Folie ließen sich mit einem Gummirakel glattstreichen.

 

Mit jedem meiner Motive habe ich mich intensiv auseinandergesetzt“, erinnert sich der heute 72-jährige Gerhard Nußmann aus Steinheid. Und weil das so war, braucht er auch garnicht überlegen, welches auf seinem ersten Weihnachtsteller erschienen ist. Ein Dorf mit Brunnen. „Besonders im Vergleich der ersten zu folgenden Arbeiten, ist eine deutliche Entwicklung zu entdecken“, ist er sicher. Irgendwann war es auch einmal die Kirche aus dem erzgebirgischen Sosa, woher seine Frau stammte, der Erfurter Dom oder die Frauenkirche Dresden 2007, das Lichte Viadukt aus der unmittelbaren Nähe oder das ferne Brandenburger Tor 2009, der Marktplatz Hildburghausen 2002 oder ein Weihnachtsmarktstand 1988. Und dazwischen immer wieder Füchse, Rehe, Wildschweine, Hasen, Enten oder Gänse in winterlichen Landschaften, schlittschuhlaufende, schlittenfahrende, schneemannbauende oder musizierende Kinder. Nur ein einziges Mal ist 2004 mit dem Teller Christkind ein religiöses Motiv erschienen. Sein letzter Teller 2011 zeigte ein Dorf im Winter. Noch drei Motive sind ohne sein Zutun bis 2014 erschienen. Jetzt befindet sich das einstige Traditionsunternehmen im Abriss, was Gerhard Nußmann sehr bedauert. „Denn damit verschwindet ein unglaubliches Wissen für immer.“

 

Der Versuch, zwischenzeitlich dem Kobaltblau mit Farbe zu begegnen, ist nie in die Realität umgesetzt worden. „Die blaue Farbe hat mich mein Leben lang begleitet“, so der freischaffende Künstler. „Kobaltblau hat eine ganz besondere Wirkung, weil es bei einer Temperatur von 1400 Grad regelrecht in das Porzellan einsinkt. Dadurch entsteht dieser verhauchte Effekt, den man mit keiner anderen Farbe erzielen kann“, beschreibt er diese Einzigartigkeit. Die besondere Verbindung zum Blau ist in der ganzen Vielfalt seines künstlerischen Schaffens präsent.

 

Heute malt Gerhard Nußmann in seinem großen Atelier in Steinheid nur noch dass, worauf er Lust hat. Blumen, Landschaften, Menschen. „Aufträge habe ich mehr als vier Jahrzehnte umgesetzt. Dieses Kapitel ist beendet“, sagt er so, dass man genau weiß, was er meint. Keinesfalls mit Groll aber mit einer spürbaren Freude an der nun gelebten absoluten Unabhängigkeit. Eintönig war seine Arbeit ganz gewiss nicht. Auch wenn es manchmal besonders wegen der Weihnachtsteller für ihn nicht einfach war, sich mitten im Sommer, wenn die Natur lockte, auf Winter und Weihnachten zu konzentrieren. Vorsichtig umhüllt er seine 42 Teller wieder, die es einst im Fachhandel und in der Betriebsverkaufsstelle gab und die heute immer mal wieder im Internet auftauchen, um sie in den Karton zurück zu packen. So mancher Sammler hat Jahr für Jahr auf ein neues Exemplar gewartet. Deshalb könnte er sich ganz gut vorstellen, alle 42 Stück noch einmal auszuwickeln, um sie alle in ihrer Gesamtheit in einer Ausstellung zu zeigen. Mehr zu Gerhard Nußmann, seinen Arbeiten und Projekten unter www.thueringen-atelier.de.“ 

dl: den Autor dieses Artikels muss ich erst noch ausfindig machen